Knochenjob Obdachlosenarzt: GZSZ-Schauspieler Eric Stehfest kennt das Leben auf der Straße – jetzt hilft er Betroffenen

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Sie leben mitten unter uns, vor allem in den Großstädten. Jeder kennt die Orte, an denen sie anzutreffen sind. Uns allen tun sie leid. Und es ist keine Schande, zu sagen: „Ich habe mich vor den Obdachlosen gefürchtet, mich zugegeben auch für mein Verhalten geschämt: Weil ich angefangen habe wegzugucken, wenn sie nach Geld fragen. Ich konnte es nicht aushalten, wenn jemand so stinkend in die Bahn steigt. Ich konnte niemandem in die Augen schauen, der da am Boden liegt. Ich habe aufgehört, sie wirklich wahrzunehmen.“ Das sagt Schauspieler Eric Stehfest. Dabei weiß der heute 29-Jährige, wie es ist, ganz unten zu sein. Vor seiner TV-Karriere bei „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (RTL) war er fast 10 Jahre lang drogenabhängig. Er war erst 13, als er das erste Mal Crystal Meth nahm – anfangs manchmal „um dazu zu gehören, erwachsen zu sein“. Zuletzt, gerade 20, war er abhängig, brauchte sein „Meth“ täglich. Der Tiefpunkt war erreicht, als er neun Tage am Stück wach war. Manche sterben dann. Eric Stehfest hat es überlebt. Nach dieser Erfahrung 2012, über die er auch ein Buch schrieb, entschied er sich für einen Entzug. Insgesamt war er sieben Jahre in Therapie. Heute will er an seinem Beispiel vor der Droge warnen – und er engagiert sich für Menschen am Boden: für Männer und Frauen ohne Wohnung und ohne Perspektiven. Das brachte den 29-Jährigen gemeinsam mit stern TV zu Jenny De la Torre.

erik-stehfest_aktuellBeruf zur Berufung gemacht

Krätze, Läuse, Milben, infektiöse Hautausschläge – für die Obdachlosenärztin De la Torre ist das alltägliche Realität. Es sind die Krankheiten der Obdachlosen, die zu ihr in das Gesundheitszentrum kommen. Mittlerweile arbeitet die Medizinerin seit 24 Jahren als Obdachlosenärztin: „Viele Menschen, die jahrelang auf der Straße leben, sind gar nicht mehr in der Lage, Hilfe überhaupt anzunehmen, diese bürokratischen Hürden zu überwinden. Und diese Menschen haben mich mit ihrem gesundheitlichen, sozialen und psychologischen Zustand so beeindruckt, dass ich gesagt habe: Sie brauchen meine Hilfe am meisten.“

Was Jenny De la Torre leistet ist Berufung, weniger Beruf. Die gebürtige Peruanerin wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Dort, wo es nie ausreichend Ärzte gab. Ihr größtes Ziel damals: Ärztin werden. Tatsächlich bekam sie eines Tages ein Stipendium, in der DDR Medizin zu studieren. Sechs Jahre später machte Jenny de la Torre ihren Facharztabschluss an der Berliner Charité. Wenig später behandelte sie Wohnungslose am Berliner Ostbahnhof. 2006 gründete sie ein Gesundheitszentrum speziell für Obdachlose. Viele hätten Zahnprobleme, Hautkrankheiten, Schwierigkeiten mit den Augen – und alles wiederkehrend, über Monate oder gar Jahre. Auf der Straße, bei Kälte und Dreck und mit wenig Selbstdisziplin falle es den Betroffenen schwer, sich zu pflegen oder so zu versorgen, um gesund zu werden und zu bleiben, so die 64-jährige Obdachlosenärztin.

De la Torre-Stiftung

Für den ersten Schritt werden Helfer gebraucht

Wie ihren gibt es in unserem Land zahlreiche Berufe, in denen es jeden Tag um Existenzielles geht. Und es gibt diejenigen Menschen, die tagtäglich in diesen knallharten Jobs bestehen müssen. stern TV will ein paar dieser „Knochenjobs“ beleuchten und würdigen. Gemeinsam mit Prominenten, die in diesen Jobs für eine kurze Zeit helfen wollen.

Eric Stehfest ist zurück auf die Straße gegangen, hat Jenny De la Torre zwei Tage bei ihrer Arbeit im Gesundheitszentrum unterstützt und unter einer Brücke mit dem Obdachlosen Marcel „die traurigste Nacht seines Lebens“ verbracht. „Helfer werden gebraucht, weil manche Menschen zu schwach sind, um den ersten Schritt alleine zu gehen“, so Stehfest. „Ich selber war auch abhängig von diesen Helfern da draußen, um den ersten Schritt machen zu können. Um einem Menschen da raus zu holen, muss er vor allem an sich selbst glauben und seine Kräfte aktivieren. Und bei diesem Prozess sind die Helfer ganz wichtig.“

Wie sehr die Schicksale der Patienten von Jenny de la Torre im wahrsten Sinne unter die Haut gehen und Eric Stehfest berührt haben, haben die beiden bei Steffen Hallaschka in der Sendung erzählt:

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Obdachlosigkeit in Deutschland

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