Todesfalle Ansaugpumpe: So schlecht steht es um die Sicherheit unserer Schwimmbäder

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Lucas war ein quicklebendiger Junge. Seine große Leidenschaft war das Wasser: „Lukas konnte super schwimmen“, erzählt seine Mutter Ulrike Göb. „Er war eine echte Wasserratte. Immer hatte er seine Taucherbrille auf. Er hat für sein Silber-Abzeichen geübt. Ich musste dann immer zählen, wie lange er die Luft anhalten kann.“ Doch das sollte im Sommer 2011 nicht reichen, denn Lukas ist ertrunken. Im Familienurlaub auf Fuerteventura geriet der Achtjährige in den Sog einer Pool-Pumpe und wurde unter Wasser festgehalten. Als zwei Männer es endlich schafften, den Jungen loszureißen, war es für Lukas schon zu spät. „Das ist für mich noch heute unfassbar“, so Ulrike Göb. „Dass das eigene Kind aus dem Becken herausgezogen wird und einen Din-A4-großen Abdruck auf dem Brustkorb von einem Gitter. Und zwei Stunden später ist er tot! Und das nur wegen einer Pumpe!“

Lucas Göb ist nicht das einzige Kind, das auf diese Weise ums Leben gekommen ist. 2001 ertrank der elfjährige Philipp in einem Hotel-Pool in Griechenland. 2003 starb Mohammed mit 14 Jahren in einem deutschen Freibad. Wie Philipp steckte er in einem Rohr fest. Helfer konnten ihn nicht befreien. 2006 kam der achtjährige Tim in einem türkischen Hotel-Schwimmbad um. Gerade im letzten Jahr starb die 12-jährige Ana-Sofia in einem Hotelpool in Prag vor den Augen ihrer Zwillingsschwester und ihrer Mutter.

Fälle von ungesicherten Hotelpools auf Mallorca

Die Gefahr durch Ansauganlagen in Schwimmbädern ist weltweit größer als gedacht. Laut dem Verein „Parents4safety“ gab es weltweit rund 500 Unfälle dieser Art, mehr als 100 Kinder ließen dabei ihr Leben. stern TV hat getestet, was in schlampig gesicherten Pools passieren kann. In einem Freibad haben wir von an einem gesonderten Tag ohne Badebetrieb die Schutzgitter vor den Ansaugöffnungen entfernen lassen. Für den Test wurde auch die Pumpenleistung vergleichbar hochgefahren, wie es von Unglücksfällen bekannt ist. Ein in der Nähe schwimmender Ball in einem Netz wird unmittelbar vor die Öffnung gezogen. Helfer der Freiwilligen Feuerwehr sollen den Ball von der Öffnung losreißen. Es gelingt ihnen nicht, das Netz reißt, der Ball bleibt vor der Ansaugöffnung der Pumpe stecken. „Man hat keine Chance, da wegzukommen“, erklärt Sicherheitsexperte Michael Spönlein. „Ob Kind oder Erwachsener, ob stark oder schwach, groß oder klein – man hat keine Chance. Es sei denn, jemand reagiert sofort und schneidet die Haare ab oder unterbricht in der Technik ganz schnell die Pumpe.“

Michael Spönlein führt seit Jahren einen Kampf gegen ungesicherte Ansauganlagen. Seine Firma Safewaterpark begutachtet die Sicherheit von Bädern – auch in Hotels. In diesem Frühjahr untersuchte er Hotelpools auf Mallorca: Auch dort fand er in einigen Becken ungesicherte Ansaugrohre, vor denen die Schutzgitter fehlten oder defekt waren. „Es ist unvorstellbar! Diese Insel lebt vom Tourismus. Alle Reiseveranstalter sind somit mit in der Verantwortung, sowie die Hoteliers. Es darf einfach nicht sein, dass da Öffnungen sind, die nicht geschützt sind“, so Spönlein.

In dem von stern TV inszenierten Freibadtest verschwand der Ball komplett im Loch der Ansaugpumpe. Ulrike Göb, die nach dem Tod ihres Sohnes Lucas den Verein „Parents4Safety“ gegründet hatte, weiß: Je nach Größe eines ungeschützten Ansaugrohrs können Kinder davon unter Umständen ganz verschluckt werden. „Bei kleineren Öffnungen verschwinden ’nur‘ einzelne Körperteile, die dann nicht mehr befreit werden können. Aber es gab schon Fälle, in denen Kinder als vermisst gemeldet wurden. Die Eltern sind herumgelaufen und haben ihr Kind gesucht. Und dann ist ein zweites Kind verschwunden. Erst dachte man an Entführung. Aber im Endeffekt haben die Kinder in der Technik gesteckt – und konnten nur noch anhand der Badekleidung identifiziert werden. Wenn ich darüber nachdenke, kriege ich eine Gänsehaut. Das ist doch einfach unglaublich! Nur weil ein Gitter fehlt!“

KASTEN Poolunfälle vermeiden

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