Mentalmagier erklärt Tricks: Wie vermeintliche Wahrsager den Menschen das Geld aus der Tasche ziehen

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„Wahrsager versuchen nur, den Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen, indem sie behaupten, sie könnten ihnen Antworten auf Lebensfragen geben oder Kontakt mit Toten aufnehmen“, sagt Mentalmagier Christoph Kuch. Und er weiß genau, wie sie das machen. Kuch ist für seine Show-Tricks weltberühmt, er nutzt psychologische Eigenheiten der Menschen und mathematischen Erkenntnisse, um zu verblüffen. Er möchte damit unterhalten, andere Magier hingegen nennen sich Medium, Wahrsager oder Lebensberater, schauen in Glaskugeln oder legen Karten – und nehmen für ihre „Dienstleistungen“ nicht selten dreistellige Beträge. stern TV hat solche selbsternannten Hellseher zusammen mit Christoph Kuch besucht und sie mit versteckter Kamera entlarvt. Unter anderem bei einem Veranstalter in Essen, der einen „Medialen Abend“ bewarb, bei dem man mit seinen verstorbenen Angehörigen Kontakt aufnehmen können sollte. Die Veranstaltungsleiterin sei ein „begnadetes Jenseitsmedium„, hieß es auf der Website, ebenso wie: Viele Verstorbene verbringen viel Zeit in der unmittelbaren Nähe ihrer Anverwandten, ohne dass wir dies merken.

Kasten Buchtipp und Linkmanueller Link virtuelle ExperimenteDie Veranstaltung war ausgebucht: 30 Teilnehmer à 30 Euro Ticketgebühr machte 900 Euro schnell verdientes Geld. Drei der Zuschauer waren die Undercover-Teilnehmer Christoph Kuch, die stern TV-Redakteurin und unser Ton-Assistent. Sie sehe als Medium schon von klein auf Verstorbene, versicherte die Veranstaltungsleiterin. Der Raum sei „proppenvoll, jeder von Ihnen hat 30, 40 Verstorbene hinter sich“, so die 42-Jährige. Nach dieser Aussage folgte der erste Schuss ins Blaue: „Zu wem gehört die tote Frau, die eine Chemotherapie bekommen hat?(…)“ Nach kurzen Erklärungen, die Primärerkrankung könnte auch woanders gewesen sein (Metastasen), landete die Veranstalterin einen Volltreffer: Jemand identifizierte die gesuchte Tote als seine Mutter. Christoph Kuch erklärt den Trick: „Krebs ist die häufigste Krankheit, an der Menschen sterben. Also ist es schon mal gut, Chemotherapie in den Raum zu werfen. Hätte er jetzt gesagt, im Kopf waren keine Metastasen, dann hätte sie wahrscheinlich gefragt: ‚Hat sie mal Migräne gehabt?'“  Die Zahl der Kinder dieser toten Frau mutmaßte das Medium mit der Zahl 3, tatsächlich seien sie aber zu fünft gewesen, so der Mann. Diese Zahl zu nennen sei trotzdem oft eine erfolgreiche Methode, weiß Mentalmagier Kuch: Aus der Zahl 3 könne man viel machen, beinahe jeder würde in dieser Zahl einen Zusammenhang sehen oder für sich als bedeutend interpretieren: „Wir waren drei Geschwister, wir waren zum Schluss zu dritt oder der Monat März, der dann vermeintlich etwas zu bedeuten hat“, so Christoph Kuch. Nach zwei Stunden vager Vermutungen und zaghafter Bestätigungen war der Spuk vorbei. Echte Erkenntnisse nahm aber wohl niemand mit nach Hause, so unser Eindruck.

KTG Häufige Tricks von Wahrsagern

Geschickte Rhetorik lässt Menschen glauben

Auch ein Kartenleger in Einzelsitzung für 150 Euro erzählte unserem Lockvogel Irmtrud im Prinzip nur, was er aus ihren Erzählungen selbst wusste. Er könne es in den Karten vor sich ablesen, dass Irmtuds „Schicksal grundsätzlich von Kindesbeinen an beschissen“ sei, so der Kartenleser, nachdem die 60-Jährige schon gesagt hatte, dass sie sehr viel erlebt habe in ihrem Leben, vom Kinderheim, über Pflegeeltern und so fort.

In einem weiteren Versuch stellte Christoph Kuch selbst einen Wahrsager auf die Probe, indem er ihn darum bat, festzustellen, wer ihm als Geschäftsmann im Büro wichtige Unterlagen entwendet habe und wo sie versteckt seien. Für einen Hellseher sollte das eine lösbare Aufgabe sein. Doch auch hier fiel die Täterbeschreibung eher vage aus. Er tippte auf einen jüngeren Mann, der natürlich aus 50 Jahre alt sein könnte, sich aber lieber für 30 verkaufen würde. Und „Er liegt im Kartenbild als blond, braunhaarig. Kann aber aufgrund seiner Falschheit auch jemand sein, der gesträhnte Haare hat.“ Auch das Versteck konnte der Mann Christoph Kuch nennen: Die Unterlagen lägen dort, „wo man nicht darüber nachdenkt, dass sie dort liegen könnten.“ Ach nee. Christoph Kuch weiß: „Das ist eine völlig unsinnige und unstimmige Antwort. Sie sagt nichts und gleichzeitig alles aus!“ In diesen Methoden seien die Wahrsager jedoch nicht schlecht, räumt unser Experte Kuch. Rhetorisch seien zwei der drei nicht schlecht gewesen – ein Hauptkriterium, um damit Geld zu verdienen, so der Mentalmagier:  „Menschen, die dort hingehen, wollen glauben. Sie sind offen für so etwas, und wollen auch, dass der Hellseher sie kennt und beschreibt. Und dass er am Schluss der Sitzung sagt, dass alles gut wird, dass ihre Zukunft ganz rosig aussieht. Und dafür investieren die Leute gerne 150 Euro.“

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Experiment: Unsere Wahrnehmung lässt sich überlisten

Dass wir unseren Sinnen und unserer Wahrnehmung nicht immer glauben können und uns häufig selbst täuschen, bewies die stern TV-Studioaktion mit den Publikumsgästen. Sie sollten die Farben der auf den folgenden Tafeln stehende Wörter nacheinander nennen. Es zeigte sich: Das Bennen der Farben fiel ihnen deutlich schwerer, als wenn das Wort in der richtigen Farbe geschrieben ist. Und oft wurden einfach die Worte statt der Farben genannt. Probieren Sie es aus!

farbtafeln 

Unser Gehirn ist so darauf trainiert, automatisch Wörter zu lesen, dass es uns über die Farben hinweg „diktiert“, was wir sagen sollen.

Und wenn Sie jetzt Lust bekommen haben, noch weitere Spiele von und mit Christoph Kuch zu machen, dann schauen Sie doch mal hier:

manueller Link virtuelle Experimente

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