Ihre Fragen an Gaby Köster
„Ich bin dem Tod glaube ich in letzter Sekunde von der Schippe gesprungen und habe ihm böse den Stinkefinger gezeigt“, sagt Gaby Köster. Der gefeierte Comedy-Star – vor allem bekannt aus der Serie „Ritas Welt“ – erlitt im Januar 2008 einen Schlaganfall, der sie mitten aus dem Leben riss. Das liegt neun Jahre zurück. Und Gaby Köster hat sich zurückgekämpft. Mittlerweile ist ihre zweite Heimat die Insel Ibiza. Etwas sonnig zu sehen – für Gaby Köster ist das ein Lebensmotto. Von ganz oben nach ganz unten, sie hat es durchgemacht. Die Insel sei für sie ein Rückzugsort von der Aufgeregtheit ihres Berufs geworden, sagt die 55-Jährige. Dort würde sie viele Wochen im Jahr „chillen“. Und auch wenn sie am liebsten ganz auf Ibiza leben würde – noch liegt Gaby Kösters Lebensmittelpunkt in Köln. Dort ist sie geboren. Dort begann ihre Karriere. Dort spielt noch immer ihr Leben.
Von der Wirtin zum Serien-Liebling
Es war die Kölsche Kneipe „Out“, in der Gaby Köster einst hinter dem Tresen stand und die Gäste mit ihrer frechen Schnauze unterhielt. Im „Out“ in der Kölner Südstadt traf sich damals alles was Rang und Namen hatte: Künstler, Nachteulen, Musiker, Schauspieler, Journalisten… Und Gaby Köster hatte das Sagen. WDR-Redakteur Jürgen Becker entdeckte die damals 25-Jährige – und holte sie auf die Bühne. Der Beginn ihrer Laufbahn war die Kölner „Stunksitzung“, eine etwas andere Karnevalsveranstaltung. Und bald spielte Gaby Köster auch im WDR-Fernsehen eine Rolle, in der Miniserie „Die Kösters“. Ihr eigener Sohn Donald spielte mit. Der Inhalt: Cleveres Kleinkind hat eine „doofe“ Mutter.
Gaby Kösters Auftritte erregten Aufmerksamkeit. Ende der 90er Jahre, als das Privatfernsehen boomte, war man allseits auf der Suche nach neuen Gesichtern. Und Gaby Köster passte perfekt in das Format „7 Tage, 7 Köpfe“ bei RTL. Empfohlen wurde sie von ihren guten Freund Mike Krüger. Zehn Jahre lang wurde die Sendung wöchentlich in den TV-Studios in Köln Hürth aufgezeichnet; zu Spitzenzeiten sahen sieben Millionen Zuschauer zu. Und ebenso viele freuten sich jede Woche auf Deutschlands bekannteste Verkäuferin: Rita Kruse. In 68 Folgen machte die Rolle Gaby Köster berühmt. Sie veränderte ihr Leben. Die Handlung deckte alle Stränge des deutschen Durchschnittsalltags ab. Ob Kollegen, Chef oder Familienprobleme, das tägliche Leben, ein Supermarkt, roztfreche Dialoge und schnelle Szenenwechsel – die Menschen liebten „Ritas Welt“! Und Gaby Köster liebte ihre Rolle.
Brutal in ein anderes Leben
Nun bekleidet Gaby Köster wieder eine Hauptrolle im Fernsehen. In einem Film über sie selbst. In „Ein Schnupfen hätte auch gereicht“ nimmt Anna Schudt ihre Rolle ein. Der Film zeigt das dunkle Kapitel in Gaby Kösters Leben, er erzählt von jenem schicksalhaften 8. Januar 2008, als sie den Schlaganfall erlitt. Gaby Köster erinnert sich: „Es ist bei mir zu Hause passiert. Aber ich wusste ja nicht, was das ist. Ich dachte: Vielleicht hast du jetzt ein bisschen Kreislauf. Ich habe ja nie gedacht, was das in der Konsequenz bedeutet,“ so Köster. „Ich habe gedacht, der Arm und das Bein lügen mich fies an. Ich konnte mir da gar keinen Reim drauf machen.“
TV Tipp Gaby Köster Dokumentation RTLDer Notarzt brachte die damals 46-Jährige in eine Spezialklinik, die sich glücklicherweise ganz in der Nähe befand. Die Ärzte mussten notoperieren. Gaby Köster überlebte. Doch es wurde bald klar: Der Schlaganfall würde bleibende Schäden hinterlassen, Gehirnaufnahmen zeigen, dass die Hoffnung auf Besserung gering ist.
Urplötzlich fand sich die lebenslustige, quirlige Frau in einem brutal anderen Leben wieder – ein Leben, das mit Glanz und Scheinwerfern nichts mehr zu tun hatte. Sieben Monate lang wurde sie in der Reha-Nova Klinik in Köln behandelt, verbrachte viele Stunden in einem Zimmer mit sich allein – Momente mit düsteren Gedanken. Oft zweifelte sie an dem Sinn der Reha. Doch die dunklen Momente wichen neuen Perspektiven. Gaby Köster kämpfte sich nach vorne. Das Verblüffendste: Sie begann schon während des Klinikaufenthalts wieder mit dem Rauchen. Ihr Sohn, ihre Mutter – ihr gesamtes Umfeld war sauer. Doch Gaby Köster war das egal: Rauchen gehöre zu ihr, sagte sie damals trotzig, „weil das einfach was ist, das ich alleine machen kann.“
„Mir war wichtig, zu schreiben, wie es wirklich war“
Für die Regenbogenpresse war Gaby Kösters Schlaganfall die Story 2008. Auf dem Krankenhausgelände wurde sie von Reportern belagert, Fotografen lauerten ihr auf. Da ihr Management eine Nachrichtensperre beschlossen hatte, wurde munter spekuliert. Ob Aids oder andere Krankheiten – Gaby Köster sollte alles Mögliche haben.
Das Schwierigste ihres damaligen Weges war aber wohl, zu akzeptieren, dass sie nicht mehr die alte Gaby Köster war. Auch Zuhause benötigte sie für alles Hilfe, das Gehen war mühsam, ihr rechter Arm war schlaff und unfähig. Doch nach und nach ordnete Gaby Köster ihre Gedanken und Gefühle, und sie schrieb ein Buch. „Mir war wichtig, dass ich schreiben konnte, wie es wirklich war – und nicht diesen ganzen Scheiß!“, sagt sie.
Das Buch erschien im Herbst 2011: „Ein Schnupfen hätte auch gereicht.“ Der Titel sei eine Zufallsidee gewesen, erzählt Gaby Köster. Es verkaufte sich zigtausendfach, stand wochenlang auf den Bestseller-Listen und wurde sogar erfolgreich als Hörbuch vertont. Natürlich von ihr selbst.
Erster öffentlicher Auftritt bei stern TV
Mit der Buchveröffentlichung ging auch ihr erster Fernsehauftritt einher: Im September 2011 hatte sie ihren ersten öffentlichen Auftritt nach ihrem Schlaganfall bei stern TV. Auch für den Moderator ein besonderer Moment: „Ich wusste, dass die Sendung mit Gaby Köster ein ganz schöner Balanceakt wird“, so Steffen Hallaschka, „dass eine große Gefahr besteht, dass das unangenehm wird, dass das peinlich wird, dass eine Formulierung verrutscht – dass der Auftritt irgendwie unwürdig wird.“ Doch der Auftritt rührte Millionen zu Tränen. Nach der Sendung erhielt die Redaktion zigtausende E-Mails. Mut machende, bewundernde. Die Zahl der Menschen, die ihr Zuspruch gaben, war schier endlos.
„La Manca“ – Die Einarmige
2015 veröffentlichte Gaby Köster ihr zweites Buch „Die Chefin“, ein autobiographischer Roman. Als Schriftstellerin machte sie damit auch wieder einen Schritt auf die Bühne. Bei Lesungen zeigte sich, dass Gaby Köster wieder präsent ist, schlagfertig wie eh und je, ihr Wortwitz ist ungebrochen. Die Menschen mögen die Frau einfach, die mit ihrer Erkrankung so ironisch-sarkastisch in den Ring steigt.
Was viele über Gaby Köster nicht wissen: Sie ist eine auch eine Malerin. In ihrem Atelier auf Ibiza lebt sie diese Seite aus. Wenn sie in Köln ist, besucht sie im Kölner Rheinauhafen regelmäßig den Künstler Anton Fuchs. Bei ihm hängen auch einige Gemälde Kösters unter ihrem Künstlernamen „La Manca“. Spanisch für „Die Einarmige“. Ihre Kunst: knallbunt. Und nichts für Kölner FC-Fans, deren Nerven sie mit Neuinterpretationen von Maskottchen „Hannes“ mehr als strapaziert. „Da muss der FC-Fan eben durch, sonst sage ich ab sofort: Ich bin anders vereinsangehörig!“
Bei den Dreharbeiten des RTL-Films war Gaby Köster oft dabei, traf viele wichtige Menschen ihres Lebens wieder: Mike Krüger spielte eine kleine Rolle, Jasmin Schwiers gab die Krankengymnastin. Die größte Bürde aber hatte Anna Schudt zu tragen: Sie musste Gaby Köster darstellen – möglichst so, wie sie ist. Eine ziemliche Herausforderung, sagt Schudt: „Das heißt ‚rheinisch‘ sprechen, das heißt halbseitig gelähmt, das heißt einen Comedian zu spielen und eine Frau, die sehr besonders ist – und die es gibt! Das sind vier Mammutaufgaben, die zu bewältigen sind. – Ob isch dat jeschafft habe, weiss isch natürlisch nit.“ Für ihre Darstellung nahm Anna Schudt extra „Kölsch-Unterricht“, um den rheinischen Dialekt zu erlernen. 22 Drehtage lang verwandelte sie sich in Gaby Köster, die ihrerseits von der Darstellung ihrer Person begeistert ist. Da stimme fast jedes Detail, sagt Gaby Köster: „Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben stolz auf mich.“
QUIZ Kölsch-Test