BLICK analysiert die Tarif-Behauptung des Swisscom-Chefs: Von wegen «gutes europäisches Mittelfeld», Herr Schaeppi!

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ZÜRICH – Swisscom-Chef Urs Schaeppi behauptet, die Mobilfunkpreise seien im internationalen Vergleich völlig in Ordnung. Das stimmt, aber nur, wenn man die Sache aus einer speziellen Perspektive anschaut.

«Wenn unsere Branche gesund bleiben will, muss der Preiskampf aufhören», behauptet Swisscom-Chef Urs Schaeppi (56) in der «Sonntagszeitung». «Wenn die Preise weiter sinken, gefährdet das die Digitalisierung der Wirtschaft.»

Preise sind gestiegen statt gesunken

Was irritiert, ist das Wort «weiter». BLICK prüft mit Unterstützung des Vergleichsportals Verivox die Preisentwicklung des beliebtesten Swisscom-Abos Infinity über die letzten fünf Jahre. Dabei wird klar: Die Preise sind bei allen Infinity-Optionen alles andere als gesunken.

Im Gegenteil: Bei vier der fünf Ausführungen ist der Preis gestiegen. bei einer ist er gleich geblieben. Das teuerste Abo Natel Infinity 2.0 XL kostete vor fünf Jahren noch 169 Franken. Heute sind es 30 Franken mehr. Bei der billigsten Infinity-Variante beträgt der Preis-Aufschlag innert fünf Jahren immerhin noch 6 Franken.

Allerdings ist Roaming, das Benutzen des Handys im Ausland, bei allen Optionen inklusive. Und die Verbindungsgeschwindigkeit ist gestiegen.

Preisentwicklung der Natel Infinity-Angebote der Swisscom (neuer Name ab April: InOne)

 

XS

S

M

L

XL

Juni 2012

59.-

75.-

99.-

129.-

169.-

Heute

65.-

79.-

99.-

139.-

199.-

Ab April 2017

65.-

80.-

100.-

140.-

200.-

Daten: Verivox.ch

Betrachtungsweise entscheidet

Schaeppi sagt in der «Sonntagszeitung» weiter, die Mobilfunk-Preise in der Schweiz lägen im «guten europäischen Mittelfeld». Jeder Konsument, der sich schon einmal die Abo-Preise im Ausland angeschaut hat, dürfte ob dieses kühnen Statements wundern.

Wie kommt Schaeppi darauf? Verivox-Telekomexperte Ralf Beyeler (38) erklärt: «Schaeppis Behauptung stimmt nur, wenn man den Preis eines Swisscom-Abos mit jenem eines ähnlichen Flatrate-Abos im Ausland vergleicht.»

Das sei aber eine geschönte Betrachtung, denn im Ausland hätten die meisten Kunden gar kein Flatrate-Abo mit unlimitiertem schnellem Internet.

«Die meisten Schweizer brauchen gar keine Flatrate. Sie würden mit einem Abo mit einem oder zwei Gigabyte Datenvolumen problemlos auskommen. So etwas kostet in Deutschland etwa 10 Euro. In der Schweiz kosten die billigsten Abos dieser Art knapp 30 Franken, also fast das Dreifache.»

Schaut man also darauf, was die Kunden wirklich brauchen, bleibt die Schweiz eine Hochpreisinsel.

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