Gopfried Stutz: Die Rente der 2. Säule sinkt – so oder so

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SonntagsBlick-Kolumnist Claude Chatelain

So korrigieren die Vorsorgeeinrichtungen den überhöhten gesetzlichen Umwandlungssatz.

Es gibt Leute, die bekämpfen die Altersreform, weil sie gegen die Gleichberechtigung sind – gegen ein gleiches Rentenalter für Mann und Frau. Andere sind gegen die Reform, weil sie eine Senkung der Renten in der zweiten Säule ungeheuerlich finden. Heute befassen wir uns mit dem zweiten Aspekt, der vorgesehenen Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6,0 Prozent.

Zwei Fragen wollen wir hier beantworten: die Folgen einer Senkung und die Folgen einer Nichtsenkung. Es ist nämlich nicht so, dass mit einer Senkung des Umwandlungssatzes automatisch auch die Rente sinkt. Mit dem Umwandlungssatz wird das Guthaben in eine Rente umgewandelt. Auf einem Kapital von 100'000 Franken und bei einem Umwandlungssatz von 6,8 Prozent beträgt die Rente 6800 Franken im Jahr. Bei einer Senkung auf 6,0 Prozent gibts 6000 Franken. Das heisst: Die Rente sinkt.

Diese Milchbüechlirechnung erzählt aber nur die halbe Wahrheit. Denn bloss der gesetzliche Mindestumwandlungssatz soll gesenkt werden. Massgebend ist aber der effektive Satz. So hat die Publica, Vorsorgeeinrichtung des Bundespersonals, schon heute einen Umwandlungssatz von bloss 5,65 Prozent und wird ihn ungeachtet des Ausgangs der Abstimmung vom 24. September auf 5,09 Prozent senken. Bei den SBB beträgt der aktuelle Umwandlungssatz 5,22 Prozent, bei der Credit Suisse 6,054 Prozent.

Warum haben Pensionskassen tiefere Umwandlungssätze als gesetzlich vorgeschrieben? Ganz einfach: weil nur das obligatorische Guthaben zu 6,8 oder 6 Prozent umgewandelt werden muss. Die meisten Kassen jedoch haben auch überobligatorische Guthaben. Solche entstehen, wenn mehr in die Pensionskasse einbezahlt wird als gesetzlich vorgeschrieben.

So entstehen zwei Geldtöpfe: Topf eins mit dem obligatorisch angesparten Guthaben und Topf zwei mit dem überobligatorischen Guthaben. Topf eins wird mit dem gesetzlichen Satz umgewandelt; Topf zwei mit ­einem beliebigen Satz, wie vom Stiftungsrat bestimmt. Ist der gesetzliche Umwandlungssatz zu hoch, wird der Satz fürs Überobligatorium entsprechend tiefer angesetzt, so dass man im Schnitt auf einen Satz kommt, der sich finanzieren lässt.

Kommen wir zu den Folgen einer Nichtsenkung: Nicht jede Vorsorgeeinrichtung verfügt über genügend überobligatorische Guthaben, um den überhöhten gesetzlichen Umwandlungssatz auszugleichen. Woher das Geld für die Finanzierung der zu hohen Renten nehmen, wenn der überobligatorische Topf zu klein ist? Ganz einfach: von den aktiv Versicherten, also bei den Erwerbstätigen.

Allein bei der Axa betrug diese Umverteilung von Erwerbstätigen zu Rentnern im vergangenen Jahr 811 Millionen Franken. Ein stolzer Betrag, den wir im Alter in Form tieferer Renten bezahlen müssen. Diese Umverteilung von Erwerbstätigen zu Rentnern finden ganz viele Leute in Ordnung. All jene, die sich gegen eine Senkung des gesetzlichen Mindestumwandlungssatzes auflehnen.

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