Wird Merk der neue starke Mann beim FCK?

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Man kennt das beliebte Spiel von Partys: ein munteres Stühlerücken unter dem Titel „Die Reise nach Jerusalem“.

Doch lustig ist beim 1. FC Kaiserslautern schon lange nichts mehr. Der pfälzische Traditionsverein steckt in der wohl schlimmsten Krise der Klubgeschichte. Die Angst vor dem Bankrott geht um am Betzenberg. 

Dabei hatte es noch im Sommer einen Hoffnungsschimmer auf die Wende zum Guten gegeben. Erstmals seit Jahren wurde der Kader wieder zusammengehalten und sogar noch verstärkt. Und mit Flavio Becca wurde ein Investor gefunden, der die Lizenz für die aktuelle Spielzeit sichern konnte. Alles gut, dachten sie in der Pfalz. Doch es kam anders.  

Problem: Es geht nicht um den FCK

Es geht um verletzte Eitelkeiten und Macht. Aber längst nicht mehr um den FCK. Zuletzt trat der komplette Aufsichtsrat zurück. Ein großer Name wurde in diesem Zusammenhang in den vergangenen Tagen genannt: Rainer Calmund, früher erfolgreicher Manager und Geschäftsführer bei Bayer Leverkusen. 

„Ich habe auch davon gehört, aber ein offizielles Engagement bei einem Profi-Klub kommt für mich nicht mehr in Frage“, sagte der 70-Jährige im Gespräch mit SPORT1. „Du musst junge, fitte und unverbrauchte Leute haben, die so eine Herausforderung mit voller Kraft und Herzblut stemmen. Ich wünsche mir wie fast alle Fußballfans in Deutschland, dass der 1. FC Kaiserslautern sich erholt und die Intensivstation wieder verlassen kann.“

Sportlich steht der Klub kurz vor dem Abgrund, nur 13 Punkte ergatterten die Roten Teufel in elf Saisonspielen. Mit Boris Schommers kam bereits ein neuer Trainer. Doch hinter den Kulissen tobt ein Führungschaos, wie es schlimmer nicht sein könnte. 

Vergangene Woche wurde nach langem Gezerre hinter den Kulissen offiziell bekanntgegeben, dass der zum Jahresende auslaufende Vertrag mit Geschäftsführer Sport Martin Bader nicht verlängert wird. Der 51-Jährige war längst nicht nur für die Zusammenstellung des Kaders zuständig, sondern das Bindeglied zwischen Aufsichtsrat und Becca. Wie SPORT1 weiß, hätte er gerne weitergemacht, weil er vom Kader überzeugt ist. 

Daran, dass die verbliebenen Entscheidungsträger den Karren aus dem Dreck ziehen werden, gibt es von Seiten der Mitglieder und Fans große Zweifel.

Fuchs entscheidet über Neuwahlen

Aber der Reihe nach: Angefangen hatte das Führungschaos im Mai, als der Aufsichtsratsvorsitzende Michael Littig auf Druck des damals potenziellen Investors Becca aus dem Aufsichtsrat zurücktrat. Ende September folgten mit Jürgen Kind und Paul Wüst zwei weitere Aufsichtsräte seinem Beispiel. In den vergangenen Tagen räumten auch die anderen Aufsichtsräte Patrick Banf, der vor allem in die Kritik geraten war, weil er bis zuletzt an Bader festhielt, Jochen Grotepaß und Bruno Otterhat ihre Stühle.

Die letzteren drei scheiden damit auch aus dem mächtigen Beirat der Profiabteilung aus. Ein alternativloser Schritt, so scheint es. Denn auf der für den 20. Oktober angesetzten Jahreshauptversammlung stand dem Trio ohnehin eine Abwahl bevor.

Einer Neuwahl eines komplett neuen Aufsichtsrats für drei steht derzeit nur noch Beirat Fritz Fuchs im Wege. Laut Satzung muss der ehemalige Bundesliga-Spieler und -Trainer der Neuwahl zustimmen. Doch Fuchs sträubt sich. Erste Auswirkung des Schmierentheaters: Die Versammlung wurde verschoben. 

Merk und Wagner wollen einsteigen

„Die für eine Nachwahl von Aufsichtsräten satzungsgemäß notwendige Bewerbungsfrist von drei Wochen reicht bis zur bisher einberufenen Jahreshauptversammlung am 20. Oktober nicht mehr aus“, erklärte Grotepaß. Becca will nun erstmal abwarten, wer die neuen Entscheidungsträger sind, bevor er weiter Geld in den Verein pumpt.

Doch wer kann dem FCK helfen, der gerade führungslos vor sich hinvegetiert? Für das neu gewählte Kontrollgremium brachte sich zuletzt eine Gruppe um Ex-Schiedsrichter Markus Merk und den früheren FCK-Profi Martin Wagner (Pokalsieger und Meister mit dem Klub) ins Spiel. 

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Calmund ist gut mit Becca befreundet. Welche Rolle spielt der luxemburgische Milliardär?

„Flavio Becca kenne ich noch aus Leverkusener Zeiten über den Berater und seinen Freund Michael Becker (Berater von Michael Ballack und eingefleischter FCK-Fan, d. Red.). Er ist nach meiner Einschätzung ein ordentlicher Kerl, der ein Herz für Kaiserslautern hat und sicherlich auch aufgrund seiner finanziellen Möglichkeiten in der Lage ist, dem 1. FCK unter die Arme zu greifen.“

Laut Calmund ist Merk bereit, beim führungslosen FCK im Aufsichtsrat einzusteigen. Dann aber wohl nur als Vorsitzender.  

Calmund: Betze-Fieber bei Familie Merk

„Mit Markus Merk habe ich ein sehr herzliches Verhältnis. Wir haben uns über seine Ambitionen ausgetauscht: Ich hatte im Gespräch mit ihm den Eindruck, dass er bereit ist, in der höchsten Not bei den Pfälzern anzutreten.“

Und weiter: „Die ganze Familie Merk war immer vom Betze-Fieber infiziert, der verstorbene Vater Rudi war Leiter der Fußball-Abteilung und natürlich auch in die Schiedsrichter-Organisation und -Betreuung sehr eng eingebunden. Markus hat sicherlich seinem Vater, der Ehrenmitglied des FCK ist, mit zu verdanken, dass er solch eine großartige Schiedsrichter-Laufbahn absolviert hat.“

Merk wurde siebenmal DFB-Schiedsrichter und dreimal Weltschiedsrichter des Jahres. „Er ist medienerfahren und kennt den Profi-Fußball sehr gut. Ich gehe davon aus, dass er Aufsichtsratsvorsitzender im Verein wird“, meint Calmund. „Markus hat auch ein Riesen-Netzwerk, er wäre für den FCK ein Glücksfall.“

Calmund: Lautern kein Spielball für Becca

Vom Zusammenspiel von Merk und Becca hinge dann die Kaiserslauterer Zukunft ab. „Flávio Becca und Markus Merk sind Persönlichkeiten. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass sie im Interesse vom FCK einen gemeinsamen Weg finden.“

Dass Becca den FCK nur als Spielball ansieht, weil es ihm eigentlich um Immobilien in der Umgebung gehe, glaubt Calmund nicht. „Das ist für mich ausgeschlossen. Ich glaube, dass er zu seinem Wort steht. Es wäre auch für ihn fatal, wenn er das nicht machen würde. Ich bin mir auch sehr sicher, dass beide noch andere Partner dazu gewinnen werden. Wenn es absolut notwendig wird, bin ich auch gerne bereit, beratend zur Seite zu stehen.“

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