Vergangenheit und Zukunft: Pop-Experte: Madonna könnte sich nochmals neu erfinden

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Mit Madonna (60) und Bruce Springsteen (69) haben gleich zwei Pop-Superstars am selben Tag – dem 14. Juni – neue Studioalben veröffentlicht. Bei Madonna gab es schon vorher viel Kritik wegen eines als missglückt empfundenen Auftritts beim ESC.

Die Deutsche Presse-Agentur hat mit Professor Udo Dahmen (67), dem Direktor der Popakademie in Mannheim, darüber gesprochen.

Frage: Wie beurteilt ein Pop-Experte den besonders wegen Madonnas stimmlicher Probleme kritisierten ESC-Auftritt?

Antwort: Natürlich hat sie sich damit keinen Gefallen getan, das darf man wohl sagen. Manches ist von der Tagesform abhängig. Wahrscheinlich hätte man an der Stelle vielleicht eher zum Voll-Playback raten sollen, dann wäre das niemandem aufgefallen. Sie hat sich da einer Kritik ausgesetzt, die ich aber nur zum Teil für richtig halte. Weil eben das Inszenatorische immer ein wesentlicher Bestandteil ihrer Gesamterscheinung, ihres gesamten Auftritts war – und weniger ihre Stimme.

Frage: Madonna sagt, sie werde vor allem wegen ihres Alters so niedergemacht, weil sie 60 sei. Sollte sie sich darauf zurückziehen?

Antwort: Die Verdienste der früheren Zeit sind groß. Damit sind der Standard und das Level und der Anspruch eines Publikums aber natürlich auch hoch gesetzt. Das ist das Risiko, dem sich jeder Künstler aussetzen muss – unabhängig vom Alter.

Frage: Wie könnte Madonna nun weitermachen, um für die Popmusik von heute relevant zu bleiben?

Antwort: Ich glaube, dass sie durchaus immer wieder den Mut zu Experimenten gehabt hat. Es wäre sehr interessant zu sehen, wie Madonna sich mit modernen elektronischen Musiken und collagehaften Musiken präsentieren würde. Da gibt es eine Chance, sich mit einem neuen Produzententeam neu zu erfinden. Das ist ja auch immer ein Teil ihrer Strategie gewesen.

Frage: Können Popmusiker in Würde altern, oder geht es dann zwangsläufig bergab?

Antwort: Man kann von keinem Künstler erwarten, dass jedes Album immer noch eine Steigerung zum letzten darstellt. Aber wenn der Mut groß genug ist und dabei gleichzeitig eine Erdung mit den eigenen Wurzeln geschaffen wird, dann sehe ich da immer gute Möglichkeiten. David Bowie ist das beste Beispiel.

Frage: Nun veröffentlicht Bruce Springsteen ein neues Soloalbum und hat schon angekündigt, demnächst wieder mit seiner E Street Band aufzutreten. Passt das noch für einen Mann mit 70 Jahren?

Antwort: Ich glaube, das ist eine gute Entscheidung. Viele Künstler im fortgeschrittenen Alter neigen dazu, sich auf ihre Roots zu besinnen. Die E Street Band ist ja über Jahrzehnte hinweg seine Band gewesen – bei Bruce Springsteen ist das also auch ein Comeback zu seinen Ursprüngen.

ZUR PERSON: Udo Dahmen (67) ist seit 2003 künstlerischer Direktor, Geschäftsführer und Professor der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim, der einzigen staatlichen Hochschuleinrichtung in Deutschland, die ihre Studiengänge speziell auf Populärmusik und Kreativwirtschaft fokussiert. Der frühere Schlagzeuger bei Rockbands wie Kraan und Lake sowie für Gianna Nannini oder Nina Hagen ist außerdem Vizepräsident des Deutschen Musikrates.

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