Dovizioso zieht DTM-Bilanz: Funkverkehr machte ihm enorm zu schaffen

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Andrea Dovizioso beeindruckte bei seinem DTM-Gaststart in Misano mit starken Zeiten, großem Ehrgeiz und tollen Zweikämpfen innerhalb der Top 10. Nun offenbart der MotoGP-Star aber, was ihm bei seinem Ausflug auf vier Räder am meisten zu schaffen gemacht hat. „Mein Englisch ist nicht das beste“, sagt er. „Wenn man dann fokussiert sein muss und fährt – und ich habe mit dem Auto gekämpft – , dann ist es sehr schwierig, zuzuhören und zu sprechen.“

Er habe „große Schwierigkeiten“ gehabt, am Funk „alles zu verstehen“, was ihm sein Renningenieur mitteilte. „Der Motorenlärm war sehr laut, und alles war komplett neu für mich“, sagt er. „Klar, wenn man so etwas öfter macht, dann gewöhnt man sich und es wird normal, aber selbst auf dem Motorrad wäre das sehr schwierig.“

Doch nicht nur die Kommunikation selbst, sondern auch der Umgang mit den zahlreichen Knöpfen machte Dovizioso ordentlich zu schaffen. „Allein während des Fahrens den Knopf für den Sprechfunk zu drücken, war für mich sehr schwierig“, gibt er zu. „Ich musste aber jede Runde drei Knöpfe drücken.“

Wie Dovizioso beim Topspeed alle hinter sich ließ

Das hat auch damit zu tun, dass die DTM als einige von wenigen Rennserien Wassersprühsysteme zulässt, mit denen die Bremsen bei großer Hitze wie zuletzt in Misano per Knopfdruck gekühlt werden können. „Das musste ich auf jeder Gerade machen“, ächzt Dovizioso. „Am Sonntag habe ich mich etwas leichter getan, aber aller Anfang ist schwer. Das ist eine ganz andere Welt.“

Apropos Gerade: Beim Qualifying am Samstag überraschte Dovizioso plötzlich mit dem besten Topspeed-Wert im gesamten Feld. Der Italiener erreichte 241 km/h und war damit um drei km/h schneller als vier Audi-Kollegen, die über 238 km/h nicht hinauskamen und in der Wertung die nächsten waren.

Wie gelang Dovizioso dieses Kunststück? „Das überrascht mich jetzt“, gibt er zu. „Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich mit den Bremsen gekämpft habe und deswegen zu spät gebremst habe“, lacht der Motorradakrobat. „Das war also vielleicht ein Unfall.“

Rückstand von Freitag auf Sonntag um eine Sekunde verkleinert

Auffällig war auch, dass Dovizioso versuchte, in den Kurven mit dem gesamten Körper mitzugehen und den Kopf stets nach innen neigte. „Ja, das hat damit zu tun, dass ich Schwierigkeiten hatte, das Auto um die Kurven zu kriegen“, grinst er gegenüber ‚Sat.1‘. „Ich habe also versucht, das über die Gewichtsverlagerung auszugleichen, es hat aber nicht funktioniert.“

Von wegen nicht funktioniert: Während Dovizioso im ersten Freien Training noch 2,2 Sekunden Rückstand hatte, verkürzte er diesen in den zwei Qualifyings auf 1,7 beziehungsweise 1,3 Sekunden. Während er am Samstag einen Abflug verzeichnete und immerhin auf Startplatz 15 kam, belegte er im Sonntags-Qualifying den starken 14. Rang und war damit schneller als alle vier Aston-Martin-Piloten.

Am Sonntag war Dovizioso, der sich nach drei Runden auf Platz neun vorgekämpft hatte, sogar auf Punktekurs, ehe ihn ein Highspeed-Dreher auf Platz 15 zurückwarf. Damit bleibt Platz zwölf vom Samstag sein Highlight. Der Ärger über das Missgeschick war bei Dovizioso größer als die Freude über die starke Leistung.

WRT-Audi-Teamchef Vosse: Was Dovizioso so besonders macht

Für WRT-Audi-Teamchef Vincent Vosse gibt es dafür einen klaren Grund, wie er im Gespräch mit ‚Motorsport-Total.com‘ klarstellt. „Er ist ein absoluter Spitzensportler. Und bei allem, was diese Leute anpacken, wollen sie absolut konkurrenzfähig sein. Für ihn war das kein Spiel und er war nicht da, um eine Show abzuziehen. Er wollte wirklich gut Arbeit machen.“

Dennoch zeigt der Belgier von Doviziosos Leistung schwer beeindruckt: „Es ist unglaublich, in so einem Feld und mit solchen Fahrern konkurrenzfähig zu sein. Er war sehr fokussiert. Und Mattias Ekström als Coach, der weiß, worauf es in der DTM ankommt, hat mit seiner Erfahrung auch sehr geholfen.“

Womit Dovizioso Vosse am meisten beeindruckte? „Mit seinem Gefühl“, sagt der WRT-Audi-Teamchef. „Das ist unglaublich gut. Dadurch hat er sehr rasch verstanden, wie etwas funktioniert.“ Während Vosse Dovizioso eine derartige Leistung zugetraut hatte, zeigt sich Coach Ekström überrascht.

So überraschte Dovizioso Coach Ekström

„Für die geringe Vorbereitung, die er hatte, war seine Leistung besser als ich erhofft habe“, sagt die DTM-Legende, die Dovizioso vom ersten Test an betreute, gegenüber ‚Sat.1‘. „Das habe ich ihm aber nicht gesagt, denn mein Job ist es, den Druck aufrecht zu erhalten und alles aus ihm herauszuquetschen.“

Wie er das gemacht hat? „Ich habe ihm gesagt: Ich bin den Lehrer, und man kennt mich. Ich will ungern verlieren – und das heißt: Volle Lotte! Ich will nicht Letzter werden“, offenbart er, wie er seinen Schützling motivierte.

Wo sich Doviziosos mangelnde Erfahrung am meisten zeigte

Wo man Doviziosos Erfahrungsdefizit am meisten merkte? „Nach dem Boxenstopp gesehen, als es darum ging, die Reifen auf Temperatur zu bringen“, meint Audi-Sportchef Dieter Gass. „Auf kalten Reifen hatte er ein bisschen mehr Probleme als die anderen Fahrer. Das ist aber eine der schwierigsten Situationen, weil man sie so selten erlebt.“

Grundsätzlich zeigt sich Gass aber ebenfalls schwer beeindruckt: „Bei so einem Einstieg ist man schon richtig gut, wenn man nicht Letzter im Qualifying wird. Aber auch wie er gekämpft und sich verteidigt hat und welchen Kampfgeist er gezeigt hat, war sehr stark.“

Und wie sieht DTM-Gerhard Berger Doviziosos ersten DTM-Gaststart? „Für mich war das keine Überraschung“, sagt der bekennende Motorrad-Fan. „MotoGP-Fahrer bändigen tagtäglich ein Leistungsgewicht, das jenseits von Gut und Böse ist. Sie wissen, was Grip ist. Und sie wissen, wie man mit Reifen umgehen muss.“ Dennoch habe der Italiener einen „starken Eindruck hinterlassen“.

© Motorsport-Total.com

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