Der schlampige Finalheld des FC Liverpool

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Vergangene Saison war er beim VfL Wolfsburg erst Prügelknabe, dann Relegations-Held. Jetzt ist Divock Origi Champions-League-Sieger mit dem FC Liverpool – nach einer abermals äußerst wechselhaften Saison.

Origi kam, sah und (be)siegte Tottenham Hotpur im Champions-League-Finale 2019 gemeinsam mit seinen Mannschaftskollegen. Eingewechselt in der 58. Minute für Roberto Firmino, sorgte er eine knappe halbe Stunde später für das vorentscheidende 2:0.

Es war sein erst dritter Torschuss in der Champions-League-Saison 2018/19. Aber auch sein drittes Tor.

Vor einem Jahr noch mit Wolfsburg in der Relegation

Vor einem Jahr kämpfte der belgische Nationalspieler – Sohn des kenianischen Ex-Nationalspielers Mike Origi – noch mit Wolfsburg in der Relegation gegen den Abstieg aus der Bundesliga und blickte auf eine eher bescheidene Spielzeit mit lediglich sechs Treffern in 31 Ligapartien zurück.

Der Tiefpunkt: Im März 2018 wurde Origi nach einem wiederholten Totalausfall gegen Hoffenheim von Trainer Bruno Labbadia noch vor der Halbzeitpause ausgewechselt. Der damalige Manager Olaf Rebbe kanzelte ihn öffentlich dafür ab, dass „hinter verschlossenen Türen“ zu klären sei, „wie solche 42 Minuten zustande kommen. Das war nicht das, was wir unter der Woche mit ihm vereinbart hatten.“

Als im Relegations-Hinspiel gegen Holstein Kiel 13 Minuten gespielt waren, stand Origi dann allerdings richtig und versenkte einen Rechtsschuss. Wolfsburg siegte mit 3:1 und blieb nach dem 1:0-Auswärtssieg im Rückspiel in der Bundesliga. 

Origis Wirken bei den Niedersachsen war nach einer Spielzeit dennoch wieder beendet, der Leihspieler kehrte zum FC Liverpool zurück. Eine Träne weinte ihm in Wolfsburg kaum jemand nach.

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Zu Saisonbeginn komplett außen vor

Wieder zurück an der Anfield Road, wo der in Ostende geborene Mittelstürmer seit seinem Wechsel vom OSC Lille 2015 unter Vertrag steht, spielte er zu Saisonbeginn überhaupt keine Rolle. Keine Kaderberufungen, Degradierung zur zweiten Mannschaft – Origi war nahezu komplett vom Radar verschwunden.

Am 2. Dezember tauchte er aber plötzlich wieder auf der Bildfläche auf. Und wie! Eingewechselt in der 84. Spielminute köpfte er in der Nachspielzeit den 1:0-Siegtreffer im Merseyside-Derby gegen den FC Everton. Konstant etablieren konnte Origi sich dann aber weiterhin nicht, mal spielte Origi, mal schaute er zu. In der entscheidenden Phase war er aber wieder zur Stelle, köpfte am 37. Spieltag als Joker den 3:2-Siegtreffer bei Newcastle United. Die Titelhoffnungen der Liverpool konnten in den letzten Spieltag gerettet werden – auch wenn sie später unerfüllt blieben.

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Drei Tage später ersetzte Origi den verletzungsbedingt ausfallenden Mo Salah im Halbfinal-Rückspiel der Königsklasse gegen den FC Barcelona. Nach sieben Minuten eröffnete er die Aufholjagd, in der 79. sorgte er mit dem 4:0 nach dem irren Eckball-Trick von Trent Alexander-Arnold für die erfolgreiche Vollendung. Liverpool stand im Champions-League-Finale.

Pirlo schimpft über Final-Performance

Origis Pendeln zwischen Bedeutungslosigkeit und Heldentum ist ein Phänomen, Genie und Wahnsinn scheinen bei ihm dicht beieinander zu liegen. Selbst sein Final-Auftritt bot Anlass für Tadel, Legende Andrea Pirlo schimpfte als Experte für das italienische Sky: „Divock Origi war schrecklich. Mit so einer Einstellung ein so wichtiges Spiel zu bestreiten – wenn er nicht getroffen hätte, hätten sie ihn treten sollen.“

Origis Mangel an Konstanz dürfte auch der Grund sein, warum seine Zukunft in Liverpool immer noch als unsicher gilt, sein Vertrag läuft 2020 aus, ihn zu verlängern, hatte für die Reds offensichtlich keine Priorität. Andererseits ist es auch das Verdienst Klopps, seinen launischen Joker bei Laune gehalten zu haben, dass er im entscheidenden Moment doch wieder voll da war. Klopp, dessen Fähigkeiten, auch seine Nebendarsteller mitzunehmen und stark zu reden legendär sind, hat Origi trotz seines wechselhaften Saisonverlaufs auch nie öffentlich kritisiert. 

„Im Fußball kann es ganz schnell gehen. Selbst wenn es hart ist, muss man solche Momente nutzen und daraus lernen“, sagte Origi selber nach dem Finalsieg über die Spurs.

„Jetzt stehen wir hier und haben diesen Titel gewonnen. Es ist kaum zu beschreiben, einfach unglaublich“, ergänzte Origi, dessen persönliche zurückliegende Spielzeit 2018/19 auch ein schwer beschreibliches Phänomen ist.

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