Trotz WM-Führung: Mercedes nur ein Scheinriese

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Mit einer Führung in der Fahrer- und Teamwertung im Rücken in die Sommerpause: Besser hätte es für Mercedes eigentlich nicht laufen können – doch der Schein trügt.

Zwar freute man sich bei den Silberpfeilen über den jüngsten Sieg beim Ungarn-GP, doch allen im Team ist klar: Der Silberpfeil ist aktuell nicht schnell genug für den WM-Titel. 

Denn die Siege in Deutschland und Ungarn waren zwei Dingen geschuldet: Dem Fehler von Sebastian Vettel (Hockenheim) und Ferrari als Team (Budapest) sowie einem entfesselt fahrenden Weltmeister. (SERVICE: Die Gesamtwertung)

Hamilton und Regen retten Mercedes

In beiden Rennen hatte Lewis Hamilton mehr aus dem Mercedes rausgeholt als drin steckt. In Hockenheim fuhr der Brite im Regen teils drei Sekunden schneller als der Rest, in Budapest zeigte er sich im Qualifying erneut als Regenkönig.

Auch im Rennen fuhr Hamilton konstant schnell und konnte sogar Vettels Zeiten kontern, als dieser nach dem Stopp von Valtteri Bottas freie Fahrt hatte. „Das hatten das Team und ich eigentlich nicht erwartet – das hat das Rennen entschieden“, sagte Hamilton.

Der verpatzte Vettel-Stopp tat sein Übriges. Doch Mercedes kann sich nicht drauf verlassen, dass die Scuderia auch nach der Sommerpause Fehler an Fehler reiht oder der Regen als großer Retter in der Not erscheint.

Wolff: „Müssen Pace finden“

Die Pause kommt den Silberpfeilen deshalb gerade recht. „Es ist gut, dass wir in die Pause gehen, denn wir müssen Pace finden“, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff bei RTL. Ähnlich sieht es Hamilton: „Ferrari hat – was die Pace angeht – die Nase vorn.“

Dass Ferrari auf dem Hungaroring an sich das schnellste Auto hatte, ist nicht neu und bereitet Mercedes wenig Sorgen. Sehr wohl aber, dass die Scuderia ihren Vorsprung nicht in den Kurven, sondern auf den Geraden herausholt.

Was bereits in Hockenheim zu sehen war, wurde auf den kurzen Vollgaspassagen in Ungarn besonders deutlich: Der Power-Unterschied zu Ferrari ist gravierend. Ganze vier Zehntel verlor Mercedes auf den kurzen Geraden in Budapest – in der Formel 1 eine Welt.

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Mercedes braucht schnell ein Upgrade

Bei den Silberpfeilen will man sich nicht ausmalen, wie das nach der Sommerpause auf den Power-Strecken in Spa und Monza aussehen wird, falls man bis dahin nicht selbst nachlegen kann.

„Ich würde sagen, Ferrari hat das beste Gesamtpaket, denn sie haben auch das stärkste Chassis im Feld“, muss Wolff zugeben und kündigt zugleich an: „Wir werden nichts unversucht lassen, um das Power-Defizit wettzumachen.“

Ein Motoren-Upgrade soll bereits in Spa oder Monza kommen.

Bottas nur ein Wingman für Hamilton?

Bis dahin ist auch genug Zeit, sich um eine zweite Baustelle zu kümmern: die Rolle von Valtteri Bottas. Das Thema hatte Wolff ungewollt selbst nach dem Rennen angestoßen.

„Bottas war ein perfekter Wingman für Lewis“, sagte Wolff. Auch wenn es nett gemeint war – bei Bottas kam dies erst einmal weniger gut an. „Das tut weh. So möchte ich eigentlich nicht gesehen werden“, sagte der Finne

Bottas deutete an, dass er ein Gespräch suchen werde. Beide Seiten relativierten kurze Zeit später ihre Aussagen. Wolff erklärte, dass sein Spruch vom „perfekten Wingman“ nur auf das Rennen in Ungarn bezogen gewesen sei.

Bottas-Rückstand auf Hamilton groß

Die übliche Presserunde von Bottas fiel dennoch aus – offizieller Grund war der enge Terminkalender der Piloten. Doch selbst, falls beide Seiten es wirklich nur als Missverständnis ansehen, bleibt die Frage: Welche Rolle soll Bottas nach der Sommerpause spielen?

Schließlich beträgt sein Rückstand auf Hamilton bereits 81 Punkte. Realistische WM-Chancen hat Bottas keine mehr, das weiß auch der Finne: „Wir müssen uns in der Sommerpause über meine Rolle unterhalten. Die Saison ist halb rum und der Punkteunterschied ist groß.“

Wolff betonte zwar, dass es noch zu früh für eine Teamorder sei – das hängt jedoch vermutlich auch davon ab, wie stark Mercedes aus der Sommerpause kommt. Denn bleibt der Rückstand auf Ferrari bestehen, braucht Mercedes wohl auch Bottas als „Wingman“ für Hamiltons erfolgreiche Titelverteidigung.

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