Verwahrloste Wohnungen, heruntergekommene Gebäude, offene Leitungen, stapelweise Müll und Fäkalien in den Ecken – kaum vorstellbar, dass in Deutschland in solchen Häusern jemand lebt. Und doch herrschen in dem Duisburger Stadtteil Marxloh solche Zustände. Hier zeige sich deutlich ein Versagen der Politik und eine gescheiterte Einwanderungspolitik, sagen ehemalige Bewohner. Der einst belebte Wohnbezirk ist mittlerweile ein Schandfleck, in dem überwiegend Rumänen und Bulgaren leben. „Man wurde einfach abgestempelt, weil man hier gewohnt hat. Man war für das Ordnungsamt und die Polizisten eine Asoziale. Obwohl ich mein Leben immer gearbeitet habe“, sagt Edda Glomke. Die Duisburgerin wuchs in Marxloh auf, lebte über 30 Jahre dort in der Hagedornstraße, inzwischen eine der bekanntesten Problemstraßen des Viertels. Sie hatte viel Geld in die Wohnung investiert, die sie von ihren Eltern übernahm, und wollte dort für immer leben. Doch auch sie zog schließlich weg – aus Angst vor dem sich verändernden und aggressiven Umfeld. „Die Polizistin sagte: ‚Ja, wenn Sie Angst haben, dann ziehen Sie doch weg! Was sollen wir jetzt machen?‘ Und das war dann endgültig der Auslöser“, erzählt die 54-Jährige.
Stadt kämpft mit Zwangsräumungen gegen kriminelle Strukturen
Etwa 20.000 Tausend Menschen leben in Duisburg Marxloh. Die Mieter der heruntergekommenen Häuser sind Armutsflüchtlinge, die meisten sind arbeitslos oder haben Minijobs. An den so genannten Schrottimmoblilien verdienen die skrupellosen Eigentümer trotzdem viel Geld, indem sie die Sozialleistungen der Bewohner abkassieren. Über Jahre schien das niemanden zu kümmern. Nun will die Stadt durchgreifen. Um den Geldfluss der oft skrupellosen Eigentümer zu stoppen, lässt sie die maroden Gebäude räumen. Die Mieter sitzen damit auf der Straße. Auch das Haus von Werner Bönig, der dort 40 Jahre lang wohnte, wurde für unbewohnbar erklärt und geräumt. „Als es bei mir an der Tür geklopft hat, da war ich gerade am Mittagessen kochen, und da war eine Frau. Dann wurde mir gesagt: ‚In vier Stunden die Wohnung räumen.‘ Das war das Schlimmste!“, erzählt der Rentner. Wohin der 77-jährige Mann mit seiner Katze nun sollte, konnte ihm keiner sagen. Hilfe bekam Werner Bönig nur von seinem ehemaligen Nachbarn Thomas Mielke, der am Tag der Räumung zufällig vor Ort war. Der 42-Jährige engagierte sich für den Verein „Runder Tisch Marxloh“, der hilfsbedürftige Menschen unterstützt. Grundsätzlich sei das Vorgehen der Stadt richtig, aber nicht bis zum Ende durchdacht, so Mielke: „Es gab einfach keinen Plan und ich habe mich dann gefragt: Wird da nicht vorher beim Einwohnermeldeamt nachgefragt, wer überhaupt in den Wohnungen wohnt? Da wäre Herr Bönig doch aufgetaucht.“
Thomas Mielke und andere Marxloher halfen den 77-jährigen Werner Bönig eine neue Bleibe zu finden, sammelten Geld für Möbel und Einrichtung. Die neue Wohnung liegt auch in Marxloh – das war Werner Bönigs einziger Wunsch. „Marxloh ist meine Heimat“, sagt der alte Mann. „Dass ich jetzt hier auf der Gertrudenstraße wohne, das ist kein Problem, aber ich möchte aus Marxloh hier nicht mehr raus.“
Oberbürgermeister Sören Link fordert Unterstützung durch Bund und Länder
„Das ist ein unwahrscheinlich nahegehendes Schicksal“, sagte Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link im Studiogespräch mit Steffen Hallschka. Er wisse darum, dass es von diesen Schicksalen einige gäbe. Dennoch verteidigte der SPD-Politiker das konsequente Vorgehen der Stadt beim Thema Zwangsräumung der Schrottimmobilien – auch wenn dies zur Folge hat, dass alteingesessene Bürger ihr Zuhause verlieren: „Wenn wir feststellen, dass zum Beispiel Brandschutz in eklatanter Weise verletzt wird, dann muss die Stadt da handeln. Das ist notwendig und richtig, um Gefahren für Leib und Leben abzuwehren.“ Einen der Hauptgründe für die Missstände in Marxloh sieht Sören Link darin, dass skrupellose Eigentümer die maroden Wohnungen überteuert an die Armutsflüchtlinge aus Bulgarien und Rumänien vermieten: „Das ist ein hochkriminelles System, in dem Vermieter die materielle Not und die kulturellen Eigenarten der Menschen ausnutzen, um dann sehr schnell sehr viel Geld zu verdienen.“ Um dieses System zu durchbrechen sieht der Oberbürgermeister jedoch auch Bund und Länder in der Verantwortung, als Stadt fühle er sich oft alleine gelassen mit diesem Problem, das auch aus anderen Städten bekannt ist. „Uns laufen die Sozialkosten weg“, so Sören Link, und appellierte: „“Ich erwarte, dass die Bundesregierung handelt. Ich nehme wahr, dass sich insbesondere Bundes- und Landesbehörden da einen schlanken Fuß machen, und eben nicht so konsequent dagegen vorgehen, wie ich es mir wünschen würde.“
Das ganze Gespräch mit Steffen Hallaschka können Sie sich hier noch einmal anschauen: