Christoph Vogelsang ist ein gläubiger Pokerspieler. Er spielt Online-Poker und lebt davon. Und kürzlich hat er bei einem Pokerturnier in der realen Welt sechs Millionen Dollar abgesahnt. Es war am 1. Juni, als der 31-jährige Deutsche beim „Super High Roller Bowl“ in Las Vegas nach fünf Stunden schließlich die entscheidende Hand ausspielte. Dann der Jubel – und Christoph Vogelsang ist plötzlich Multi-Millionär. Er gewann das prestigeträchtigste Poker-Event des Jahres. „Ich habe seit vielen Jahren viel Poker gespielt und es hat mir immer viel Spaß gemacht. Ich habe da auch Geld mit gewonnen, aber nie ein großes Live-Turnier wirklich gewonnen. Und wenn man dann gewonnen hat, denkt man: Wow, es hätte nicht besser laufen können!“
Wie sind Glücksspiel und christlicher Glaube vereinbar?
stern TV traf den Poker-Champion vergangene Woche in seiner Wahlheimat London und hat ihn in die Kirche begleitet. Dort betet er mehrmals pro Woche, auch außerhalb der Messe. „Wenn ich alleine hier bin, ist das ein Ort der Ruhe und ein Ort, wo ich mit Gott sprechen kann – wo ich reflektieren kann und wo ich mich zu Hause fühle“, erklärt Christoph Vogelsang. Der Glaube an Gott, sagt er, habe ihm auch beim Pokern in Las Vegas geholfen. „Ich hab nicht direkt dafür gebetet, das Turnier zu gewinnen. Das wäre zu finanziell motiviert. Ich würde eher dafür beten, dass ich gute Dinge mit dem Geld mache, dass ich gut damit umgehe.“
Christoph Vogelsang verdient Millionen mit einem Glücksspiel. Ist das mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren? Auch er habe darauf noch keine endgültige Antwort gefunden, so der 31-Jährige. Aber seinen Gewinn aus Las Vegas wolle er größtenteils spenden: „Ich möchte mit dem Geld etwas Gutes machen, und es nicht für materielle Sachen ausgeben“, sagt der studierte Wirtschaftswissenschaftler. „Ich weiß nicht, ob das richtig ist, aber in meinem Kopf ist das immer die Rechtfertigung dafür, dass Poker vielleicht etwas Gutes ist.“ So könne er sich etwa vorstellen, Start-up-Unternehmen zu unterstützen, bei Freunden zu investieren und auch im karitativen Bereich etwas zu unternehmen.
Online-Poker als Übung für echte Millionengewinne
Während des Studiums in London hatte Christoph Vogelsang eher zufällig mit dem Pokern begonnen, erwies sich aber schnell als erfolgreich – und wurde Profispieler. Den Master in Wirtschaft machte er im Prinzip nebenbei. Insgesamt hat Christoph Vogelsang in den letzten acht Jahren knapp 14 Millionen Dollar beim Pokern erspielt. Damit ist der gebürtige Münsterländer hinter Fedor Holz der erfolgreichste deutsche Pokerspieler. Seine 75-Quadratmeter-Wohnung im Londoner Norden ist dafür recht bescheiden. In den letzten Jahren sei die teuerste Anschaffung eine Kaffeemaschine gewesen, so der Poker-Profi: „Ich lebe hier schon lange. Ich habe eine Kirche in der Nähe, meine Freunde wohnen hier. Ich habe nicht vor in eine größere Wohnung zu ziehen. Ich brauche kein Auto und ich fliege ganz normal weiter Economy. Mir geht’s gut!“
Seine Wohnung ist auch sein Arbeitsplatz, wo er sich auf die großen Turniere vorbereitet. Regeln, Bluffen, Mimik und Gestik – fast alle Kniffe holt er sich im Internet. Fünf bis zehn Stunden wöchentlich stecke er etwa in Theorie, 20-30 Stunden spiele er Online-Poker. Während Christoph Vogelsang anfangs noch um 50 Dollar spielte, geht es inzwischen auch um Beträge von bis zu 10.000 Dollar – pro Spiel! Zum Teil spielt er in drei Online-Pokerräumen gleichzeitig. Dieser Online-Background sei äußerst wichtig für die Live-Turniere. „Man lernt Pokern dadurch, dass man immer wieder seine Hände analysiert und indem man Software-Tools benutzt. Wenn man nur Live-Poker spielt, ist das sehr schwierig.“ Auch sein Ehrgeiz helfe ihm beim Spielen, der Drang, sich beweisen und mit anderen messen zu wollen.
Nur Christophs Freundin erkennt, wann er blufft
Wenn Christoph Vogelsang gerade mal nicht um Tausende Dollar spielt, verbringt er die Zeit mit seiner Freundin Elisabeth, mit der er seit acht Monaten zusammen ist. Das Paar hat sich in einer Gebetsgruppe kennen gelernt. Von Pokern habe sie zuvor gar keine Ahnung gehabt, erzählt Elisabeth: „Christoph hat mal versucht, es mit zu erklären. Aber da ich nicht mal weiß, wie viele Karten ein Spiel hat, lief das nicht so gut“, so die Britin. „Ich lerne langsam dazu – und vor allem weiß ich, wenn Christoph blufft. Ich weiß es einfach! Und das Geheimnis werde ich nie verraten.“
Elisabeth sollte das Geheimnis auf jeden Fall bis zu den Poker-Weltmeisterschaften im Juli für sich behalten. Denn da geht es wieder einmal ums Ganze für den gläubigen Glücksspiel-Profi.