Krankhafte Fettverteilung: Was Sie über Lipödeme wissen sollten

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Viele betroffene Frauen (und wenige Männer) sind ihr Leben lang schlank gewesen, bevor die Fettpolster an Beinen und Armen plötzlich unkontrolliert anwachsen. Die Beschwerden, die damit zusammenhängen, sind nicht nur kosmetischer oder physischer Natur. Viele leiden auch unter den falschen Vorurteilen.

Was ist ein Lipödem?

Das Lipödem ist eine Erkrankung des Fettstoffwechsels. Überwiegend an Beinen, Hüfte, Po und Armen vermehren sich die Fettzellen übermäßig, der Rest des Körpers ist meist nicht betroffen. Deshalb spricht man auch von einer Fettverteilungsstörung. Schreitet die Krankheit fort, entstehen auch Fettansammlungen an Unterarmen und -schenkeln, was zu so genannten „Säulenbeinen“ führen kann. Lipödeme treten immer symmetrisch auf, betreffen also gleichzeitig beide Beine und/oder beide Arme.

Auffällig ist, dass die beim Lipödem entstehenden Fettzellen anders sind, als normale: Labortests zeigen, dass das krankhafte Fett eine andere Färbung hat und quasi doppelt so viele Zellen bildet, die sich wiederum schneller teilen, als bei „gesundem“ Fettgewebe.

Woran merke ich, dass ich ein Lipödem habe?

Ein Lipödem verteilt sich anders als bei „normalem“ Übergewicht, bei dem der Körper gleichmäßig zunimmt und die Proportionen erhalten bleiben. Beim Lipödem sind überwiegend beide Beine, Po und/oder beide Arme betroffen und die Fetteinlagerungen enden über den Fuß- und Handgelenken. Manche empfinden sich, als seien „zwei verschiedene Körper zusammengesetzt“. Die Zunahme an den spezifischen Körperstellen erfolgt meist rasend schnell innerhalb weniger Monate – auffallend oft, wenn die Betroffene eine Phase hormoneller Veränderungen durchlebt (Pubertät, Schwangerschaft, Menopause).

Welche Symptome treten bei einem Lipödem auf?

Neben der auffälligen Verteilung der Polster bildet das wuchernde Fett im weiteren Verlauf stark sichtbare Dellen. Das Fett behindert zudem den Lymphfluss in den Gliedmaßen. Die Wassereinlagerungen – Ödeme – verstärken das Problem und nehmen bei Wärme, langem Sitzen und Stehen sogar noch zu. Der Stau der Lymphflüssigkeit übt einen unerträglichen Druck auf das Gewebe und die Muskulatur aus, was Schmerzen bereitet – selbst bei Berührungen. Im fortgeschrittenen Stadium können Arme und Beine nur noch unter größter Anstrengung bewegt werden.

Außerdem gibt es folgenden Indizien: Neigung zu Besenreisern und zu Blutergüssen, vermehrte Schwellung der Unterschenkel in der zweiten Tageshälfte, weiche und knotige Haut oder Unterhaut, schwammige Schwellungen an beiden Armen und/oder Beinen und der schon erwähnte Schwellungs- und Druckschmerz.

Wer kann ein Lipödem diagnostizieren?
Wohin soll ich mich bei Verdacht wenden?

Wenn Sie derartige Veränderungen an Ihrem Körper beobachten und noch dazu die beschriebenen Beschwerden eintreten, sollten Sie sich schnellstmöglich an einen Arzt wenden. Da Hausärzte ein Lipödem oft nicht erkennen und die Diagnose für sie schwierig ist, wenden Sie sich am besten direkt an einen Facharzt. Experten auf dem Gebiet sind Vene- bzw. Gefäßspezialisten (Phlebologen) oder Lymphologen. Die Diagnosestellung erfolgt anhand verschiedener Hinweise, etwa das Erscheinungsbild und der Tastbefund. Eine Ultraschalluntersuchung sichert die Diagnose. 

Wie viele Betroffene gibt es?

Lipödeme treten fast ausschließlich bei Frauen auf, nur in seltenen Fällen bei Männern. Eine genaue Zahl der Betroffenen ist nicht bekannt. Schätzungen zufolge sind es in Deutschland aber mehr als eine Million Frauen, die unter einem Lipödem leiden. Da Hausärzte das Lipödem im Anfangsstadium oft nicht erkennen, könnte die Zahl noch höher liegen.

Hat man eine Veranlagung dafür, oder kann das jeder bekommen?

Die genauen Ursachen sind bisher nicht geklärt. Ärzte und Forscher vermuten eine hormonelle Störung, die natürlich auch vererbt sein kann.  Lipödeme können aber auch auftreten, wenn in der Familie keine ähnlichen Vorerkrankungen bekannt sind. Auch Leberschäden (besonders bei betroffenen Männern) und ein hoher Alkoholkonsum werden ebenfalls mit einer Neigung zu Lipödemen in Zusammenhang gebracht.

Das eigene Körpergewicht hat damit übrigens nichts zu tun: Ein Lipödem kann bei schlanken und normalgewichtigen Frauen ebenso auftreten, wie bei Frauen mit mehr Körperumfang.

Was mache ich nach der Diagnose?

Je schneller Sie handeln, desto besser. Eine frühe und zuverlässige Diagnose kann Schmerzen und Behandlungskosten ersparen. Die Krankheit gilt leider immer noch als nicht heilbar und schreitet kontinuierlich fort. Deshalb ist es wichtig, zusammen mit Fachärzten baldmöglichst einen Behandlungsplan zu entwerfen. Das ist Ihr gutes Recht. Eine ausgewogene und fettarme Ernährung und auch Bewegung sind empfehlenswert und können den Fortschritt ggf. bremsen, jedoch nicht aufhalten. Zudem sollten Sie sich frühzeitig mit Ihrer Krankenkasse auseinander setzen – und vielleicht auch über einen Wechsel nachdenken, wenn bei einer anderen Kasse mehr Aussicht auf Unterstützung besteht.

Welche Maßnahmen und Therapien gibt es?

Nach der Diagnose werden in der Regel Kompressionskleidung und Lymphdrainagen verordnet, wodurch das Gewebe entlastet wird und die Schmerzen nachlassen. Auch Wassergymnastik und so genannte Atemphysiotherapie können dagegen helfen. An den Fetteinlagerungen ändert sich dadurch freilich nichts. Langfristige Hilfe verspricht allein eine Operation: eine Liposuktion. Das ist eine Fettabsaugung, die sowohl die physischen Probleme nimmt, als auch die ästhetischen und psychischen.

Was wird bei einer Fettabsaugung gemacht und was bringt sie?

Die so genannte Liposuktion sollte durch Fachärzte für Chirurgie (empfohlen: plastische Chirurgen) durchgeführt werden. Dabei werden unter Vollnarkose per Kanüle vier bis sieben Liter Fett aus den betroffenen Körperstellen gelöst und abgesaugt. Die Zahl der OPs und der Umfang sind je nach Fall unterschiedlich. Meist sind mehrere Eingriffe nötig, um Risiken wie Kreislaufschwäche oder ein zu hoher Elektrolytverlust zu vermeiden.

Durch Fettabsaugung können die Fettdepots  zunächst einmal entfernt werden, was den Patientinnen große Erleichterung bringt. Je besser man es schafft, die betroffenen Fettzellen abzusaugen, desto nachhaltiger und langfristiger ist der Eingriff. Es gilt auch: Je früher die Liposuktion erfolgt, desto besser die Chancen für ein dauerhaftes Ergebnis.

Was kostet die Operation?

Die Kosten für eine operative Behandlung hängen davon ab, welche Körperteile betroffen sind und wie viele Eingriffe nötig sind. Wird Fett in den Oberschenkel und im Gesäß abgesaugt, müssen Sie mit 2.500 bis 3.200 Euro rechnen – in manchen Fällen bis zu 5.000 Euro. Für die Hüfte werden Beträge in Höhe von 2.000 bis 2.800 Euro fällig. An den Oberarmen von 1.800 bis zu 2.400 Euro. Bei vielen Eingriffen können sich die Kosten auf bis zu 20.000 Euro belaufen.
Das Problem: Obwohl das Lipödem erwiesen eine Krankheit ist, ist die Liposuktion nicht in den Leistungskatalogen der Krankenkassen enthalten, weshalb sie nicht zahlen müssen. In manchen Fällen – insbesondere wenn man einen guten Facharzt hat, der entsprechende Attests ausstellt – machen die Kassen aber Ausnahmen und übernehmen die Kosten.

Wo finde ich weitere Informationen und Hilfe?

Lipödem Hilfe Deutschland e.V. Der Verein klärt auf seiner Homepage über die Krankheit auf und bietet ein Forum zum Austausch mit anderen Betroffenen. Über eine Suchfunktion können Sie auch eine Selbsthilfegruppe in Ihrer Nähe finden.

Lipödemportal Auf dieser (privaten) Seite sind ausführliche Informationen über das Krankheitsbild zusammengestellt, sowie viele Tipps und Informationen zur Behandlung. Auch Spezialisten sind dort aufgeführt.

Verein zur Förderung der Lymphödemtherapie

Lymphe & Gesundheit Das Patientenmagazin für Menschen mit Lipödemen und verwandten Erkrankungen informiert in den Heften ausführlich zu Lymphödemen und Behandlungsmöglichkeiten. Die einzelnen Ausgaben können Sie kostenlos als PDF herunterladen. 

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