Die Songs, die heute mit dem Mauerfall vor 30 Jahren und der späteren Wiedervereinigung assoziiert werden, haben damit an sich oft gar nicht viel zu tun. Die Musiker haben sich meist von ganz anderen Dingen inspirieren lassen. „Wind of Change“ von den Scorpions ist etwa in Russland entstanden und auch Marius Müller-Westernhagen (70) hatte die Mauer für seinen Song „Freiheit“ nicht im Kopf. Diese fünf Songs gehören trotzdem bis heute zum Soundtrack der Wende.
Scorpions – „Wind of Change“
„Wind of Change“ ist wohl die Wende-Hymne schlechthin. Tatsächlich wurde der Song aber erstmals im November 1990 veröffentlicht. „Dass Jahre später der Song ‚Wind of Change‘ für viele Menschen in Ost und West mit dem Mauerfall in Verbindung gebracht wird, ist für mich immer noch etwas surreal. Es ist ja kein Song über Berlin oder den Mauerfall, sondern die Geschichte von jemandem, der am Fluss Moskwa entlanggeht und den Wind des Wandels spürt“, sagte Sänger Klaus Meine (71) kürzlich im Interview mit der „FAZ“.
Marius Müller-Westernhagen – „Freiheit“
Auch Marius Müller-Westernhagens Rockballade „Freiheit“ (1987) hat eigentlich nichts mit dem Mauerfall zu tun. „Über die Bedeutung habe ich mir damals keine Gedanken gemacht“, erklärte der Sänger 2017 in einem Interview mit der „tz“. „Ich hatte beim Schreiben nicht den Fall der Mauer oder die Wiedervereinigung im Kopf. ‚Freiheit‘ zeigt, dass künstlerische Produkte ein Eigenleben annehmen können. Wenn es in diesem Fall dazu gedient hat, dass der Song Menschen Kraft und Hoffnung gegeben hat, ist das ein glücklicher Umstand, der mich natürlich sehr freut.“ Er sei bei vielen Wiedervereinigungsfeiern angefragt worden, mit seinem Song aufzutreten – doch er habe alle abgesagt. „Ich habe den Song auch viele Jahre nicht auf Tourneen gesungen“, sagte er.
David Hasselhoff – „Looking for Freedom“
Kurz nach dem Fall der Berliner Mauer war David Hasselhoff (67) mit seinem Hit „Looking for Freedom“ (1989) auf der Silvesterparty am Brandenburger Tor in Berlin aufgetreten. Bis heute hält sich der Mythos, dass der Sänger etwas mit dem Mauerfall an sich zu tun gehabt habe, das verneinte er aber schon mehrfach. Auf die Frage, ob es ihn stolz mache, dass sein Song untrennbar mit dem Mauerfall verbunden sei, erklärte Hasselhoff kürzlich der Nachrichtenagentur spot on news: „Mehr als stolz. Ich singe auch heute immer noch für die Freiheit, die Botschaft ist nach wie vor aktuell.“
Udo Lindenberg – „Sonderzug nach Pankow“
Udo Lindenberg (73) richtete sein Lied „Sonderzug nach Pankow“ (1983) an den damaligen SED-Generalsekretär Erich Honecker (1912-1994). Vom Fall der Mauer ist im Songtext nie die Rede. „Du ziehst dir doch heimlich auch gerne mal die Lederjacke an / Und schließt dich ein auf’m Klo und hörst West-Radio“, lautet eine der Zeilen. Lindenberg durfte lange Jahre nicht in Ost-Berlin auftreten, worauf er „Sonderzug nach Pankow“ gewissermaßen als Protest-Song schrieb. Sein einziges DDR-Konzert gab er schließlich am 25. Oktober 1983 – aus einer geplanten DDR-Tournee im Jahr darauf wurde jedoch nichts.
David Bowie – „Heroes“
Für viele Deutsche ist David Bowies (1947-2016) Hit „Heroes“ (1977) eng mit der Wiedervereinigung verknüpft. Tatsächlich wurde der Song auch von der Berliner Mauer inspiriert: Er handelt von einem Liebespaar, das im Schatten der Mauer zusammenkommt. Die Songzeile „Standing, by the wall / And the guns shot above our heads“ (dt. „Wir standen an der Mauer und die Pistolen schossen über unseren Köpfen“) veranlasste Fans bei einem Konzert in Berlin 1987 die Parole „Die Mauer muss weg!“ zu rufen. Nach Bowies Tod im Jahr 2016 schrieb das Auswärtige Amt auf Twitter: „Thank you for helping to bring down the wall“ – „Danke, dass Sie dabei geholfen haben, die Mauer zu Fall zu bringen.“