Deutsch oder Englisch – die Frage stellt sich für Sarah Connor nicht mehr. 2015 leitete die Sängerin einen Imagewechsel ein und brachte mit „Muttersprache“ ihr erstes Deutschpop-Album heraus. Das galt damals bei Fans als Sensation. Vier Jahre und ein Baby später veröffentlicht Connor eine neue Platte – wieder auf Deutsch.
Die Tochter eines US-Amerikaners und einer Deutschen bleibt also ihrer Muttersprache treu. Zackig-deutsch klingt der Titel, der über den 15 Songs der Doppel-CD steht: „Herz Kraft Werke“ – das erinnert an den Werbespruch eines Energieunternehmens. Wer reinhört, erfasst die Botschaft schnell: Es geht um Liebe und ihre Variationen – die große, die enttäuschte, die alte, die bedingungslose Liebe, es geht auch um Selbstwertgefühl und die Kleinstadt.
Sarah Connor schreibt ihre Songs selbst
Alle Titel stammen aus Connors Feder, sie erzählt von „dickem Fell“ und „Salz auf der Haut“. Connor möchte auch ein wenig schockieren, ziemlich derb und direkt geht es los: „Vincent kriegt keinen hoch, wenn er an Mädchen denkt, er hat es oft versucht und hat sich angestrengt“, berichtet sie über das Coming-out eines Jugendlichen, der tatsächlich existiert und Sohn einer Freundin sei, wie sie jüngst im RBB berichtete.
Sarah Connor Bode Miller_15.30Wenig zimperlich klingt auch „Keiner pisst in mein Revier“, eine Kriegserklärung an jede, die sich ihrem Liebsten unsittlich nähern sollte. „Verguck‘ dich nicht“, warnt Connor, „Hannibal Lecter ist nichts gegen mich“. Und weiter: „Denn geht es um ihn, breche ich alle Gesetze, ich steig‘ in den Ring, und dann gibt es Verletzte.“ Versöhnlich klingt am Ende des Albums die Liebeserklärung „Für Dich“ an ihren Mann, den Produzenten Florian Fischer.
In „Ruiniert“ reimt Connor zum Piano-Solo und der Gitarre über „Despoten und AfD-Idioten“, von Hirnen „so glatt poliert, dass uns nichts mehr berührt“. Man könne sich ja die Hand reichen und was Neues anfangen, schlägt sie vor. Doch in der nächsten Zeile bekommt die 38-Jährige den Blues: „Wir hängen an unserer Winterdepression“, beklagt sie und dreht auf. In solchen Momenten ist Connor mit rauer Stimme musikalisch in ihrem Element, den Refrain nimmt sie wie eine Rock-Hymne.
Song über die Tochter von Bode Miller
Trotz ihres Erfolgs mit millionenfach verkauften Alben dürften für Connor, die inzwischen vier Kinder hat, Enttäuschungen nicht ausgeblieben sein. Vergessen sind die Skandale, Patzer und Doku-Soap-Auftritte. Connor ist wohl um einige Lebenserfahrungen reicher geworden. Das klingt auf „Herz Kraft Werke“ durch. „Du hast Träume, das ist klar, irgendwann später mal“, heißt es in „Hör auf deinen Bauch“. Sie ruft zum Widerstand gegen den Alltagsfrust aus, etwa mit einer Reise im Wohnmobil durch Neuseeland.
Ihre große Leidenschaft sei das Schreiben, sagt Connor. Das habe sie wohl von ihrem Vater, der Germanistik, Politik und Philosophie studiert hat. Für die neuen Aufnahmen reiste sie zweimal in die Country-Music-Hauptstadt Nashville. Acht Songs wurden von der britischen Cellistin Rosie Danvers arrangiert, die auch für Coldplay, Adele und Kanye West aktiv war.
Fans dürften mit den zwischen Popballaden und Schlager wechselnden Melodien, Rockklängen und breitem Streicher-Sound auf ihre Kosten kommen. Zumal Connor auch weich werden kann: In „Flugzeug aus Papier“ besingt sie Emmy, die tödlich verunglückte Tochter des Skifahrers Bode Miller und seiner Frau Morgan, stellt sich die unendliche Trauer der Eltern vor. „Deine Hand in meiner Hand“, heißt es da, „für immer und ein Leben lang“.
Sarah Connor dpa