Mick Schumacher hat über den Sommer eine lieb gewonnene Routine entwickelt:
Seinen Prema-Rennwagen auf die Pole Position stellen, zum Start-Ziel-Sieg fahren, seinen jubelnden Mechanikern in die Arme fallen, reichlich Champagner verspritzen. Immer und immer wieder.
Achtmal seit Ende Juli und zuletzt fünfmal in Folge zelebrierte der Sohn von Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher dieses Ritual in der Formel 3. Und zwar mit einer Selbstverständlichkeit, die unwillkürlich an die Dominanz seines Vaters zu Ferrari-Zeiten erinnerte.
Schumacher winkt Superlizenz
Tatsächlich könnten sich ihre Biographien bald in einem wesentlichen Punkt decken: Durch seine Erfolge im Nachwuchsbereich ist für Mick (19) der „Formel-1-Führerschein“, die sogenannte Superlizenz, zum Greifen nah.
Am Samstag übernahm Schumacher in Spielberg erstmals die Meisterschaftsführung, als Spitzenreiter mit komfortablen 49 Punkten Vorsprung auf den Briten Dan Ticktum reist er nach fünf Siegen in Folge und Platz zwei im letzten Rennen am Sonntag zum Formel-3-Saisonfinale nach Hockenheim (13./14. Oktober). Der Titel ist ihm kaum noch zu nehmen.
Dabei würde Schumacher schon Platz zwei in der Endabrechnung genügen, um die geforderten 40 Punkte für die Erteilung der Superlizenz zu erreichen. Der Sprung in die Eliteklasse des Motorsports stünde dem Teenager damit schon 2019 formal offen. Allein: Es ist fraglich, ob er ihn vollziehen würde.
„Im Auto denke ich nicht eine Sekunde an die Meisterschaft“, sagte Schumacher am Samstag: „Aber als Spitzenreiter sind wir in der Situation, dass wir die Abstände managen können.“ Für Schumacher heißt das: Er muss nicht mehr gewinnen – er will es aber. „Ich freue mich einfach auf jedes Rennen, das noch kommt“, sagte Schumacher.
Managerin dämpft die Erwartungen
Was nach der Saison passiert, das ist die große Frage. Seine Managerin Sabine Kehm wird nicht müde, die Erwartungen zu dämpfen. Dem Jungen mit dem berühmten Nachnamen hat diese Strategie bislang gut getan.
Mick Schumacher ist nämlich kein Überflieger wie etwa Lando Norris, der nur so durch die Nachwuchsserien schwebte: 2017 Formel-3-Champion als Rookie, mit weitem Abstand vor Schumacher. In diesem Jahr hat der erst 18-jährige Engländer noch gute Titelchancen in der Formel 2, 2019 wird er in der Formel 1 für McLaren fahren.
Schumacher muss sich seine Erfolge deutlich härter erarbeiten. In der Formel 4 fuhr er erst im zweiten Jahr vorne mit, in der Formel 3 verlief selbst seine zweite Saison zunächst unter ferner liefen – bis er Ende Juli in Spa, dem „Wohnzimmer“ seines Vaters, gewann. Seither ist er ein anderer, und wird auch so wahrgenommen.
Ferrari öffnet Tür für Cockpit
„Der Bursche zeigt auf einmal die Schumacher-Gene: Rennen gewinnen“, sagte der ehemalige Formel-1-Pilot Gerhard Berger. Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene erklärte zuletzt: „Die Geschichte, die Ferrari mit diesem Namen verknüpft, ist eine besondere. Wie könnte Maranello zu diesem Namen Nein sagen.“ Und für Formel-1-Boss Chase Carey wäre die Rückkehr des Namens Schumacher in die Königsklasse „eine großartige Story“.
Doch schon 2019 wird es dieses Szenario kaum geben. Zum einen sind die 20 Cockpits in der Königsklasse so umkämpft wie selten. Schumacher dürfte in den Überlegungen vieler Teams eher mittelfristig eine Rolle spielen.
Zum anderen hat es sich für viele Fahrer bewährt, nach der Formel 3 einen Zwischenschritt einzulegen. Immerhin: Die letzten vier Meister der Formel 2 stiegen direkt in die Königsklasse auf, der 2017er Champion Charles Leclerc fährt im nächsten Jahr gar an der Seite von Sebastian Vettel bei Ferrari.
Mindestens ein weiteres Jahr im Unterbau würde voll zu Schumachers Philosophie passen. „Ich versuche einfach, über die Jahre hinweg zu lernen“, sagte er einmal: „Mein Ziel ist es, irgendwann voll entwickelt in die Formel 1 einzusteigen.“ Er ist auf einem guten Weg.