Ein Tennis-Märchen mit dunklem Kapitel

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Wenn am Freitag das Herren-Halbfinale der French Open stattfindet, fiebern die Mitglieder des HTC Blau-Weiß Krefeld wieder alle mit. Denn dann bestreitet das bekannteste Vereinsmitglied des Bundesligisten das größte Spiel seiner bisherigen Karriere – die 2016 vor dem Ende stand. (SPIELPLAN: French Open)

Die Rede ist von Marco Cecchinato, der gegen den Österreicher Dominic Thiem antritt (Fr., ab 12.45 Uhr im LIVETICKER). Der Italiener ist die große Überraschung in Roland Garros. Als Nummer 72 der Welt nach Frankreich gereist, hatte niemand den 25-Jährigen auf der Rechnung. Auch bei Tennis-Kollegen wie Eugenie Bouchard flog der Mann aus Palermo unter dem Radar.

Die 24-Jährige hatte während des grandiosen Viertelfinals gegen Novak Djokovic auf Twitter gefragt, wer jener Typ sei, gegen den der Serbe da spiele – und löste damit einen gewaltigen Shitstorm aus. Nun ist Cecchinato nach Andrei Medvedev (1999) der erste Spieler, der mit dem niedrigsten Ranking des laufenden Grand-Slams-Turniers bis ins Halbfinale gekommen ist.

Favoritenschreck pflügt durchs Feld

Dabei sah es zunächst danach aus, als würde alles wie immer laufen. Noch nie war es dem Italiener bei seinen vier Grand-Slam-Teilnahmen gelungen, die erste Runde zu überstehen. Und auch gegen den Rumänen Marius Copil lag der 25-Jährige relativ aussichtslos mit 0:2 nach Sätzen zurück.

Was dann geschah, war der Beginn eines Tennis-Märchens. Cecchinato drehte auf, gewann die Partie und zog damit erstmals in die zweite Runde ein. Nachdem er auch Pablo Carreno Busta und David Goffin, immerhin die Nummern acht und zehn der Weltrangliste, aus dem Weg geräumt hatte, sprach er bereits „vom besten Moment meines Lebens“.

Doch es kam noch besser. Denn im Viertelfinale schlug der Sizillianer den großen Novak Djokovic, seinerseits zwölffacher Grand-Slam-Sieger, in vier Sätzen. Nach einem zwischenzeitlichen Tief im letzten Satz glaubten viele bereits, der Underdog würde einbrechen. Doch Cecchinato strafte sie alle Lügen.

Ein Stück italienische Tennisgeschichte

„Unglaublich, ich glaube ich schlafe und träume noch. Als ich den Ball auf der Linie gesehen habe, war das der glücklichste Moment meines Lebens“, berichtete er von seinem verwandelten Matchball. Doch es war kein Traum. Auf dem offiziellen Twitter-Kanal der French Open hieß es über den Mann aus Palermo: „Das ist die italienische Sensation von Roland Garros 2018.“

Djokovic war direkt nach dem Matchball zu Cecchinato gelaufen und hatte ihn umarmt. „Er hat den Sieg verdient. Ich kenne ihn gut. Er ist ein großartiger Kerl“, sagte Djokovic.

Sollte Cecchinato nun auch Zverev-Bezwinger Dominic Thiem besiegen, würde er ein Stück Tennis-Geschichte schreiben. Seit 42 Jahren stand kein Italiener mehr im Finale der French Open. Damals triumphierte Adriano Panatta an selber Stelle.

Dunkles Kapitel

Eigentlich beginnt die Erfolgsgeschichte bereits beim ATP-Turnier in Budapest im April. Nach seinem Aus in der Qualifikation durfte Cecchinato als Lucky Loser doch noch am Hauptfeld teilnehmen und gewann am Ende seinen ersten ATP-Titel.

Doch noch vor zwei Jahren befand sich seine Karriere am Scheideweg. Damals wurde ihm vorgeworfen, er habe einige seiner Spiele auf der zweitklassigen Challenger-Tour manipuliert, um illegal darauf zu wetten.

Der italienische Tennisverband belegte ihn daraufhin mit einer achtzehnmonatigen Sperre und einer Geldstrafe in Höhe von 40.000 Euro. Cecchinato legte Protest ein, bekam letztendlich recht und wurde freigesprochen. Reden möchte er über den Vorfall bis heute nicht.

Weitere Saison in der Bundesliga

Kurze Zeit nach seinem Freispruch, bei den Australian Open 2017, verpflichteten ihn die Krefelder und gaben ihm die Chance auf einen Neuanfang. Er dankte es ihnen mit einer herausragenden Saison und will auch in der nächsten Saison am Niederrhein spielen.

„Sollte er in Wimbledon nicht über die dritte Runde hinauskommen, wovon ich ausgehe, weil Gras nicht sein Belang ist, wird er am 8. Juli bei unserem Heimspiel gegen Köln aufschlagen“, kündigte HTC-Teamchef Olaf Merkel in der Rheinischen Post bereits an.

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