Kein LMP1-Hybrid überstand die 24 Stunden von Le Mans 2017 ohne Probleme, zwischenzeitlich lagen sogar LMP2-Fahrzeuge auf Siegkurs. Im vierten Jahr des 2014 eingeführten Effizienzreglements sollten die Boliden eigentlich ausgereift sein, dachte man. Doch das vergleichsweise warme und durchgehend trockene 24-Stunden-Rennen raffte die mit Hightech vollgestopften Boliden gleich massenweise dahin. Gleichzeitig verkündigte der ACO ein LMP1-Reglement für 2020, das auf wenig Gegenliebe stieß.
Die LMP1-Hybridklasse ist nach dem hoffnungsvollen Start 2014 spätestens mit dem Audi-Ausstieg 2016 in eine Sackgasse gerutscht. Das Nissan-Debakel von 2015 schreckte Hersteller ab; außer Peugeot, die die Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) nur zum Discountpreis wollen, gibt es keine ernsthaften Interessenten. Ist der Hybridantrieb generell der falsche Weg? Es gibt einige kritische Stimmen aus ganz unerwarteter Richtung – Toyota.
In einem langen Statement (s.u.) entschuldigt sich Akio Toyota bei Fahrern und Fans für den erneuten Fehlschlag in Le Mans, versteckt aber weiter unten einen interessanten Satz: „Während die Hybrid-Technologie im Wettbewerb der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft ihre Fähigkeiten in den 6-Stunden-Rennen unter Beweis stellt, scheint es, dass sie noch nicht für die 24 Stunden von Le Mans bereit ist.“ In erster Linie ein Aufruf an die eigenen Mitarbeiter, aber im Zuge des gerade verkündeten 2020er-Reglements lässt es auch eine politische Interpretation zu.
Noch deutlicher wird Hughes de Chaunac, dessen Oreca-Organisation den Einsatz der Toyotas in Kooperation mit der Toyota Motorsport GmbH vornimmt, im Gespräch mit ‚Sportscar365‘: „Ich denke, dass diese Autos zu kompliziert sind. Es ist wichtig, dass wir diese Technologie auf einen weniger komplexen Stand reduzieren.“ Auch dies ist überraschend, schließlich hatte Toyota noch zu Beginn des Jahres unverhohlen mit einem Ausstieg gedroht, sollte die Hybrid-Technologie beschnitten werden.
Jedenfalls will urplötzlich niemand mehr etwas von zehn Megajoule und drei Hybridsystemen in der WEC wissen. Bis mindestens 2023 wird es bei maximal acht Megajoule bleiben, hinzu kommen jedoch eine Plugin-Technologie und ein zwangsweises elektrischen Fahren für einen Kilometer nach einem Boxenstopp. Wie de Chaunac die Hybrid-Regularien vereinfachen will, lässt er aber offen. Unabhängig davon hat Toyota die Rückkehr nach Le Mans bereits versprochen.
Das Statement von Akio Toyoda im Wortlaut
Normalerweise wäre es ein vernünftiger Beginn, Worte der Dankbarkeit an unsere Fans für ihre Unterstützung zu richten. Doch für dieses Mal muss ich meine Eröffnungsworte an unsere Fahrer richten. Zum ersten Mal haben mir unsere Fahrer in Le Mans gesagt: „Wir wollen, dass du gemeinsam mit uns in der Mitte des Podiums stehst. Deshalb wollen wir absolut nicht verlieren. Also lass uns gemeinsam kämpfen.“
Ich antwortete ihnen: „Gebt Vollgas. Habt Vertrauen in die Fahrzeuge, die euch eure Mechaniker bereitgestellt haben. Genießt Le Mans.“ Obwohl ich es ihnen so gesagt habe, konnte ich es ihnen nicht erlauben, sich das Herz aus der Seele zu fahren. Das bereue ich zutiefst. Obwohl die Fahrer mit vollstem Vertrauen in unsere Autos gefahren sind, kann ich mich nur entschuldigen und sagen, dass ich alles zutiefst bedauere.
Ich glaube, dass die Toyota-Ingenieure, -Mechaniker und -Zulieferer, die unsere Autos für diese Schlacht vorbereitet haben, sich genauso fühlen. Daher möchte ich als Repräsentant aller Mitarbeiter, der diese Bürde trägt, unterstreichen: Es tut mir leid, dass wir nicht zugelassen haben, dass ihr euch das Herz rausfährt! Außerdem möchte ich allen Leuten, die mit dem Toyota-Team und seinen neun Fahrern in Verbindung stehen, zwei Dinge mitteilen, die mir derzeit durch den Kopf gehen.
Erstens an unsere Fans: Für alle Fans, die uns unterstützt und an einen Sieg von Toyota geglaubt haben, tut es mir wirklich leid, dass wir nicht eure Erwartungen erfüllen konnten. Außerdem möchte ich meine tiefe Dankbarkeit für eure leidenschaftliche Unterstützung bis zum Ende der 24 Stunden zum Ausdruck bringen. Danke. Vielmals: Danke. Zum wiederholten Male: Toyota wird weiter hart für den Tag arbeiten, an dem wir gemeinsam ein Lächeln auf dem Gesicht haben werden.
Zweitens an das Porsche Team: Nach dem Kampf im vergangenen Jahr war ich sehr glücklich, dass wir viele Zuschriften von den Leuten von Porsche bekommen haben, die uns als Rivalen anerkannt haben. Nachdem wir es so weit gebracht hatten, dass ihr uns als „Rivalen“ anseht, war mir klar, dass wir erneut einen Kampf führen müssen, der den Fans den Atem raubt, wie vergangenes Jahr.
Dieses Mal haben wir, Porsche wie Toyota, es beide nicht geschafft, 24 problemlose Stunden mit den Hybridfahrzeugen zurückzulegen, die wir für diese Herausforderung auf die Straßen von Le Mans gebracht haben. Beide Fahrzeuge – die Nummer 2, die das Rennen gewonnen hat, und unsere Nummer 8 – mussten zeitintensive Reparaturpausen aufgrund technischer Probleme einlegen.
Während die Hybrid-Technologie im Wettbewerb der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft ihre Möglichkeiten in den 6-Stunden-Rennen unter Beweis stellt, scheint es, dass sie noch nicht für die 24 Stunden von Le Mans bereit ist.
Die Kraft der Elektrizität ist für Autos absolut notwendig, um diesen einen emotionaleren Touch zu verschaffen. Le Mans ist ein wertvolles Labor, in dem wir weiterhin die Herausforderungen hinsichtlich dieser Technologie in einer extremen Umgebung annehmen können. Wir werden unsere Technologien noch weiter ausbauen und sie zu größerer Reife bringen, um unseren Kunden Technologien zur Verfügung zu stellen, die bei ihnen ein Lächeln erzeugt. Und wir, Toyota, werden weiter alle Anstrengungen unternehmen, um noch bessere Autos zu bauen.
Wir laden euch dazu ein, euch mit uns auf das zu freuen, was wir zukünftig erzielen werden. Dankeschön.
Akio ToyotaPräsident der Toyota Motor Corporation
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