ANKARA – Ein Ja zu mehr Macht für Erdogan hätte nicht nur für die Türkei selber verheerende Folgen. Nahost-Experte Abdel Mottaleb El-Husseini befürchtet, dass der ganze arabische Raum in Flammen aufgehen könnte.
Der 16. April ist für die Türkei ein Schicksalstag. Die Türken stimmen über eine Verfassungsreform ab, die Präsident Recep Tayyip Erdogan praktisch uneingeschränkte Macht übertragen würde.
Bei einem Ja müsste die kurdische Minderheit im Land darunter leiden. Der aus dem Libanon stammende deutsche Nahost-Experte Abdel Mottaleb El-Husseini sagt auf «Focus.de»: «Mit seinen erweiterten Möglichkeiten und im Glauben, die Türken stehen hinter ihm, wird Erdogan alle Bestrebungen der Kurden nach Autonomie und Rechten zu Grabe tragen.»
Die Folge könnte eine Spirale der Gewalt in der Türkei sein: Auf mehr Repression durch Ankara folgt mehr Terror durch kurdische Splittergruppen.
Doch mit mehr Macht könnte Erdogan sogar den ganzen arabischen Raum destabilisieren!
Im arabischen Raum dominieren die sunnitischen Golfstaaten und der schiitische Iran. Die Türkei war früher ein wichtiger Stabilitätsanker zwischen diesen Kräften. Das ändere sich, erklärt Husseini: «Der türkische Präsident will ein sunnitisches Bündnis, also mit Katar, Saudi-Arabien und Jordanien – und selbst sein Führer werden.»
Deshalb verfolge Erdogan eine konfrontative und keine auf Frieden ausgerichtete Aussenpolitik. Mit gestärktem Rücken könnte sich Erdogan in der internationalen Rangordnung neu positionieren, um auf Augenhöhe mit dem Westen aufzutreten.
Iran würde das nicht akzeptieren. Husseini prophezeit daher Krieg in der ganzen Region, wenn sich nur ein Beteiligter zu Aggressionen entschliesse.
Husseini befürchtet, dass Erdogan die Stabilität in seinem Land, aber auch in der ganzen Region aufs Spiel setzt. Der Nahost-Experte auf «Focus.de»: «In seinem Bestreben droht er, die Region in Flammen zu setzen.» (gf)