Silvio Heinevetter wird nicht für die Handball-Nationalmannschaft nominiert.
Diese Nachricht schlug am Montag in Handball-Kreisen, aber auch darüber hinaus, hohe Wellen. Gemeinsam mit Andreas Wolff bildete Heinevetter in den vergangenen Jahren das Torhüter-Duo und schien auch für die anstehende Europameisterschaft im Januar gesetzt.
Doch in den kommenden Länderspielen gegen Kroatien (23. und 26. Oktober) setzt Bundestrainer Christian Prokop auf Dario Quenstedt vom THW Kiel anstatt auf Heinevetter. „Bei Silvio war etwas Enttäuschung zu spüren, weil er sich im Kreise der Nationalmannschaft auch immer wohlfühlt“, erklärte Prokop am Montag auf einer Pressekonferenz die Gefühlslage des nicht berücksichtigten Keepers.
Gleichzeitig betonte Prokop aber auch, dass die EM-Teilnahme für Heinevetter nicht ausgeschlossen ist. „Alles ist immer möglich. Wir haben vier Torhüter, die in der engeren Auswahl für Turniere stehen“. Die Tür stehe „in beide Richtungen weiterhin offen“.
Thiel: Keine Entscheidung Richtung EM
Auch Ex-Torhüter Andreas Thiel glaubt nicht an die Endgültigkeit von Prokops Entscheidung. „Heinevetter ist bei diesen Länderspielen nicht dabei, aber ich glaube nicht, dass es bereits eine Entscheidung in Richtung EM ist. Dario Quenstedt hat sich mit seinen Leistungen in den letzten Wochen die Chance verdient“, erklärt Thiel bei SPORT1.
„Quenstedt ist berechenbarer als Silvio Heinevetter – im Guten wie im Schlechten. Denn auch ein unberechenbarer Torhüter in Sachen Paraden und Technik kann hilfreich sein“, vergleicht Thiel die beiden Torhüter.
Während Quenstedt in Kiel hinter Niklas Landin die klare Nummer zwei ist, aber trotzdem regelmäßige Einätze bekommt, ist die Situation für Heinevetter in der aktuellen Saison anders. Die Rolle als Identifikationsfigur bei den Füchsen Berlin ist der 34-Jährige seit der Bekanntgabe seines Wechsels nach Melsungen im kommenden Sommer los.
DAZN gratis testen und Sport-Highlights live & auf Abruf erleben | ANZEIGE
Zudem verfügen die Berliner in dieser Saison mit Martin Ziemer, Dejan Milosavljev und eben Heinevetter über gleich drei Keeper von Format. „Die Situation in Berlin ist sicher nicht einfach. Die Folge ist, dass es bei drei Torhütern eine hohe Wahrscheinlichkeit für weniger Spielzeit gibt und damit ist auch verbunden, sich weniger zeigen zu können“, sagt Thiel, der noch immer den Rekord für die meisten Länderspiele (256) aller deutschen Torhüter hält.
„Heinevetter muss zusehen, dass er sich präsentiert“
Die geringere Spielzeit gipfle in der aktuellen Entwicklung, dass „der Bundestrainer einem anderen Torhüter die Chance gibt“, fügt Thiel hinzu. Doch wie kann Heinevetter das Ruder noch herumreißen, um bei der EM dabei sein zu dürfen? Thiels Antwort fällt simpel aus: „Heinevetter muss zusehen, dass er sich präsentiert und in der Bundesliga gute Leistungen abliefert.“
Denn: „Mit Ausnahme von Manuel Neuer bei der Fußball-WM 2018 ist das die Grundvoraussetzung für eine Nominierung zur Nationalmannschaft.“
Jetzt aktuelle Handball-Fanartikel kaufen – hier geht’s zum Shop | ANZEIGE
Bis zum neunten Bundesliga-Spieltag stand Heinevetter nur knapp drei von neun möglichen Stunden insgesamt auf dem Feld und kommt dabei auf eine durchschnittliche Quote an Paraden von 33,33 Prozent.
Vergleicht man diese Zahlen mit Konkurrent Quenstedt fällt auf, dass der Kieler Keeper nur knapp zehn Minuten länger auf dem Feld stand. Zudem weist er mit einer Paradenquote von 26,05 Prozent einen schwächeren Wert als sein Berliner Konkurrent auf. Allerdings darf sich der Kieler Keeper auch auf der höchsten Bühne, der Champions League, beweisen und konnte dort bereits Akzente setzen.
Dennoch beweisen die Zahlen, dass Heinevetter aktuell sogar leicht die Nase vorn hat. Aber die Nominierung von Prokop zeigt, dass sich der Torwart-Routinier seines Platzes nicht sicher sein darf.
Worauf wird es am Ende also bei der EM-Nominierung ankommen? „Es zählt der Leistungsgedanke, wenn ich mich als Trainer daran halte, mache ich wenig falsch“, benennt Thiel das entscheidenden Kriterium – auch auf der Torhüter-Position.