Welchen Unterschied nicht einmal 24 Stunden bewirken können: Scott Dixon (Ganassi-Honda) gewinnt einen Tag nach seinem bitteren Aus im Samstagsrennen am Sonntag auf der Belle Isle. Der Neuseeländer, der in diesem Monat die Order of Merit seines Heimatlandes erhalten wird, profitierte von der richtigen Strategie seines Teams und legte eine fehlerfreie Fahrt hin.
Die richtige Entscheidung wurde schon in der ersten Gelbphase des Rennens nach nur zwei Rennrunden gefällt. Ganassi vermied es, Dixon an die Box zu holen, um die unvorteilhaften weichen Reifen loszuwerden. Er blieb draußen und hatte daher über weite Strecken des Rennens die richtige Track Position, um den Sieg nach Hause zu fahren. Eine günstig fallende Gelbphase tat ihr übriges.
Auf dem Weg zum Sieg musste er insgesamt fünf Gelbphasen und eine Rennunterbrechung mit der Roten Flagge überstehen. Wie üblich brachte er es unaufgeregt und professionell durch. Das Lob gibt er an Mike Hull weiter: „Das war die Strategie, die den Ausschlag gegeben hat. Und ein toller Job von den Jungs, das Auto nach gestern wieder aufzubauen.“
Der 45. Karrieresieg von Dixon wurde aber noch von der überraschend starken Vorstellung von Marcus Ericsson (Schmidt-Peterson-Honda; 2.) überstrahlt. Mit Platz zwei gelang dem ehemaligen Formel-1-Piloten der Durchbruch in der IndyCar-Serie.
Auch der Schwede hatte die richtige Strategie, konnte aber seine gute Position auf der Strecke auch mit Speed rechtfertigen und fuhr zum ersten Mal seit seiner GP2-Zeit wieder auf ein Siegerpodest. Im Schlussspurt hielt er bei zwei Restarts erfolgreich Will Power (Penske-Chevrolet; 3.) hinter sich.
Power fast draußen, dann auf dem Podest
Der Australier hatte ein Rennen mit dermaßen vielen Aufs und Abs, dass man wohl Bücher damit füllen könnte. Gleich beim Start war er in eine Kollision verwickelt, als er selbst, Felix Rosenqvist (Ganassi-Honda; DNF) und Pato O’Ward (Carlin-Chevrolet; 11.) das hoffnungslose Unterfangen versuchten, zu dritt durch Kurve 3 zu kommen.
Die Kollision beendete auch faktisch das Rennen von Indy-500-Sieger Simon Pagenaud (Penske-Chevrolet; 17.). Nach einer Reparaturpause nahm der Franzose das Rennen zwar wieder auf, konnte aber mit zwölf Runden Rückstand nur noch Plätze aufsammeln, die Ausfälle vor ihm liegen ließen. Auch Tony Kanaans (Foyt-Chevrolet; DNF) Rennen dauerte nur drei Kurven lang.
Zurück zu Power: Bei der Kollision wurde das Getriebe beschädigt. Dadurch rollte er anschließend in der Caution aus und schien bereits draußen. Den Streckenposten gelang es aber, den Chevrolet-Motor wieder zu starten. Das Getriebe funktionierte plötzlich wieder, kurz bevor der Australier überrundet wurde.
Obwohl er noch die weichen Reifen fahren musste und das Getriebe nicht mehr ganz richtig funktionierte, fuhr sich Power wieder bis in die Podiumsränge nach vorn. Auch er profitierte von günstig fallenden Gelbphasen, fuhr aber auch extrem schnelle Rundenzeiten. Vor seinem letzten Boxenstopp führte er drei Runden lang das Feld an und fuhr zeitweise zwei Sekunden schneller als Dixon. So überholte er das gesamte Mittelfeld.
Kollision rund um Rossi und Newgarden
Ein Andretti-Dreierpack bestehend aus Ryan Hunter-Reay (4.), Alexander Rossi (5.) und Marco Andretti (6.) aus dem Herta-Ableger des Teams verpasste knapp das Podest. Hunter-Reay fuhr die letzten Runden mit einem schleichenden Plattfuß, konnte seine Teamkollegen aber hinter sich halten.
Rossi kam wie Polemann Josef Newgarden (Penske-Chevrolet; 19.) in der ersten Gelbphase nach zwei Runden zum Boxenstopp. Die Strategie war nicht gänzlich falsch. Ob sie funktioniert hätte, werden wir aber nie erfahren.
Denn kurz vor Rennhälfte kam es zu einer verhängnisvollen Dreierkollision: James Hinchcliffe (Schmidt-Peterson-Honda; DNF) kam von einem Boxenstopp wieder zurück auf die Strecke und blockierte Newgarden. Dieser und Rossi versuchten beide, den Kanadier in Kurve 3 zu attackieren.
Es kam zum Kuriositätenkabinett: Newgarden bremste sich innen rein, verlor das Auto aber und drehte sich vor Hinchcliffe in den Reifenstapel. Synchron dazu verlor auch Rossi – hinter Hinchcliffe befindlich – auf dieselbe Art und Weise die Kontrolle. Er schob Hinchcliffe mit dem Heck in den stehenden Newgarden hinein. Er selbst konnte weiterfahren, Newgarden verlor 22 Runden, Hinchcliffe schied mit Folgeschaden später aus.
Bourdais fliegt über Pigot
So profitierte Graham Rahal (RLL-Honda; 7.), der vom letzten Startplatz kommend 15 Plätze gutmachte. Zach Veach (Andretti-Honda) wurde Achter, nachdem er beim ersten Boxenstopp den Gang nicht richtig einlegen konnte und nach dem starken dritten Startplatz dadurch an Boden verlor.
Sebastien Bourdais (Coyne-Vasser-Honda) wurde Neunter, nachdem er in der Anfangsphase des Rennens eine böse Schrecksekunde erlebt hatte. Er fuhr auf Spencer Pigot (Carpenter-Chevrolet; DNF) auf und flog durch die Luft. Das Auto wurde aber nicht in einen Salto gewirbelt und der viermalige ChampCar-Meister konnte das Rennen sogar beenden, während Pigot sofort ausschied. Die Top 10 komplettierte Santino Ferrucci (Coyne-Honda; 10.).
Die hektische Phase der IndyCar-Serie nach dem Indianapolis 500 endet am kommenden Wochenende auf dem Texas Motor Speedway. Das 600-Kilometer-Rennen findet mitten in der Nacht vom 8. auf den 9. Juni ab 2:30 Uhr MESZ statt.
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