Ferrari dilettantisch, Mercedes überragend: Sebastian Vettel hat nach einer abenteuerlichen Reifenstrategie seines Teams im Qualifying zum Großen Preis von Japan wohl frühzeitig alle Chancen auf den dringend benötigten Sieg in Suzuka verspielt.
Während WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton zur Pole Position vor seinem Mercedes-Teamkollegen Valtteri Bottas (Finnland) raste, verpokerte sich Ferrari völlig bei der Reifenwahl im Q3.
Vettel wurde ursprünglich nur Neunter, weil der vor ihm platzierte Esteban Ocon nachträglich eine Strafe kassierte, rückte er auf Platz acht vor – was seine Ausgangssituation aber kaum verbessert.
Der rote Teppich für Hamilton zum Gewinn seiner fünften Weltmeisterschaft ist ausgerollt (Formel 1: Das Rennen in Suzuka mit Vettel und Hamilton Sonntag ab 7 Uhr im LIVETICKER).
Ferrari verzockt sich bei den Reifen
„Im Nachhinein und von außen ist es immer einfach zu sagen, dass das falsch war. Wir sind davon ausgegangen, dass die Strecke nass ist“, sagte Vettel bei RTL: „Hätte der Regen etwas früher eingesetzt, dann stünden wir da wie die Helden. Jetzt nicht so sehr. Mit Frust hat das nichts zu tun. Aber wenn’s läuft, dann läuft’s.“
Der Heppenheimer, der vor dem fünftletzten Saisonrennen satte 50 WM-Punkte hinter dem Briten Hamilton liegt, wurde zum Opfer einer katastrophalen Entscheidung des Ferrari-Kommandostandes: Der schickte Vettel und auch den letztlich viertplatzierten Kimi Räikkönen (Finnland) mit Intermediate-Reifen auf eine so gut wie trockene Strecke.
(DATENCENTER: Die Ergebnisse des Formel-1-Qualifyings in Suzuka).
Wertvolle Zeit für Vettel verschenkt
„Es ist ziemlich trocken. Ich komme direkt wieder rein“, funkte Vettel schon nach wenigen Kurven.
Während die Konkurrenz parallel mit Trockenreifen Top-Zeiten fuhr, verschenkten die Scuderia-Piloten wertvolle Minuten. Als die roten Renner dann endlich Trockenpneus aufgezogen hatten, begann es tatsächlich zu regnen.
Vettel schwamm nur so über seine erklärte Lieblingsstrecke, während Hamilton im Gefühl der sicheren Pole frühzeitig sein Tagwerk beenden konnte.
Im zweiten Abschnitt hatten die Mercedes ihre Karten offen gelegt: Mit einer härteren Reifenmischung als die beiden Ferrari-Piloten fuhren Hamilton und Bottas bei trockenen Bedingungen ihre Bestzeiten im Q2. Kurz darauf setzte erneuter Regen ein. Allerdings war dieser nicht so stark wie Ferrari vermutete – die Scuderia bezahlte diesen Fehler teuer.
Hamilton bejubelt sein Team
„Wir haben die richtige Entscheidung als Team getroffen, wie man am Ergebnis sieht. Aber ich wusste vorher auch nicht, ob es trocken genug war. Toll, dass es so gut geklappt hat“, freute sich Hamilton über die 80. Pole Position seiner Formel-1-Karriere und die achte der Saison.
Auch für den zweiten Deutschen lief es am Samstag schlecht. Nico Hülkenberg (Emmerich) musste sich mit dem unbefriedigenden 16. Startplatz begnügen, nachdem er im Abschlusstraining mit seinem Renault böse abgeflogen war (DATENCENTER: Der WM-Stand in der Fahrerwertung).
Bemerkenswert ansonsten: Beim Honda-Heimspiel schafften es beide Toro Rosso in die Top Ten. Mit einer neuen Ausbaustufe des japanischen Motors, der auf einen Schlag 40 PS mehr Leistung haben soll, holte sich der Neuseeländer Brendon Hartley den sechsten Platz, der Franzose Pierre Gasly startet direkt dahinter von Rang sieben.
Vettel hofft auf Aufholjagd im Rennen
Mit Blick auf das Rennen hob Vettel hervor, dass sein Bolide sich im Vergleich zu der schwachen Performance im Training verbessert hätte: „Wir versuchen morgen so weit wie möglich nach vorn zu kommen.“
Für das Rennen am Sonntag werden stabile Bedingungen bei Sonnenschein und Temperaturen um 30 Grad erwartet: Taifun „Kong Rey“, der zunächst auf den Südinseln Nippons gewütet hatte, war zum Glück für die Fahrer Richtung koreanische Halbinsel abgedreht. Die Strecke war zu jeder Zeit gut befahrbar.