Alfred Gislason sah müde aus, richtig abgekämpft. Die Abreibung von Magdeburg hatte die 59 Jahre alte Trainerikone des THW Kiel mitgenommen. Schon wieder stolpert sein Team durch die Bundesliga, dabei sollte in Gislasons letzter Saison auf der Bank doch alles besser werden.
„Wir waren nicht gut genug, das Spiel zu gewinnen“, sagte der Isländer nach der desillusionierenden 30:35-Pleite beim entfesselt auftrumpfenden SCM. Während sich das Team aus Sachsen-Anhalt immer mehr in der Spitze festsetzt, wirft der Start der Zebras viele Fragen auf.
Der THW, vor der Saison von etlichen Experten zum Titelkandidaten Nr.1 erkoren, ist weit entfernt von der Dominanz früherer Tage. (SERVICE: Tabelle)
Gislason wirbt um Geduld – Pekeler redet Klartext
Gislason warb erst einmal um Geduld. „Wir haben jetzt mit Flensburg und Magdeburg die vielleicht schwersten Auswärtsspiele der Saison hinter uns“, sagte er: „Wir werden weiter hart an uns arbeiten und nach und nach die Dinge korrigieren.“ Doch nach drei Jahren ohne Meistertitel und angesichts von hochkarätigen Verstärkungen waren die Erwartungen ganz andere.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Reinhard Ziegenbein sah den THW vor dem Beginn der Spielzeit „wieder auf der Überholspur“ und auf dem Weg zurück in eine Führungsrolle. Und Geschäftsführer Thorsten Storm meinte: „Der THW steht auf Angriff.“
Die Bilanz nach vier Partien sieht ganz anders aus. 4:4 Punkte, Mittelmaß. Die verlustpunktfreien Teams aus Flensburg, Magdeburg und der Rhein-Neckar Löwen laufen den Kielern erst mal weg.
Neuzugang Hendrik Pekeler redete nach dem zweiten Rückschlag binnen einer Woche Klartext. „Die Art und Weise, wie wir verloren haben, tut richtig weh“, sagte der Europameister von 2016 den Kieler Nachrichten: „Hier und in Flensburg zu verlieren, ist kein Beinbruch. Aber in der zweiten Halbzeit war jeder von uns nur mit sich selbst beschäftigt.“
THW will Kehrtwende einleiten
Gislason muss nun beweisen, dass er gemeinsam mit seinem designierten Nachfolger Filip Jicha die richtigen Hebel findet, um den THW wieder auf ein Topniveau zu bringen. Gegen die SG BBM Bietigheim sind die Norddeutschen am Sonntag (HBL: Kiel – Bietigheim ab 16.00 Uhr im LIVETICKER) klarer Favorit. Gleiches gilt für Magdeburg zur selben Zeit beim VfL Gummersbach. (SERVICE: Spielplan)
SCM-Regisseur Marko Bezjak, mit acht Toren nach dem überragenden Matthias Musche (9) bester Werfer gegen Kiel, warnte sein Team trotz des Höhenflugs vor Übermut. „Unsere Fans können nun träumen, aber wir als Mannschaft bleiben mit beiden Beinen auf dem Boden und konzentrieren uns einfach auf das nächste Spiel“, sagte der Slowene, der mit Magdeburg seit elf Monaten in der Liga zuhause unbesiegt ist.