Indierock: Daniel Freitag: Vom Theater in die Pop-Clubs

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Man darf durchaus ein paar illustre Namen bemühen, um die eindrucksvolle Musik des Berliner Singer-Songwriters Daniel Freitag zu beschreiben. Die britische Indie-Helden Radiohead sind eine der möglichen Referenzen.

Oder die hoch geschätzte US-Artpop-Truppe Grizzly Bear. Oder die bayerischen Kollegen The Notwist, deren Produzent Olaf Opal auch bei Freitags Solo-Debüt «Still»(Akkerbouw Records) mitmischte.

Aufhorchen lässt zum einen die Stimme des 31-Jährigen, die ihn in ähnliche Falsett-Höhen trägt wie die Frontmänner oben genannter Bands, Thom Yorke und Ed Droste. Respekt nötigen aber auch die exquisiten Arrangements und unverbrauchten Sound-Ideen ab, die «Still» zu einer unverhofften Indierock-Perle aus Deutschland machen.

Wenn etwa «Don’t» als Pophymne mit kleinen Widerhaken bezaubert, wenn «Maria» von einer zarten Gitarrenballade unvermutet in ein wildes Jazz-Crescendo kippt, wenn «Careful What You Wish For» einen bombastischen Schlusspunkt setzt – dann fragt man sich verblüfft, wie dieser Daniel Freitag quasi aus dem Nichts auftauchen konnte.

Aber ganz so wundersam ist die Entstehungsgeschichte dieses Hybrids aus Indierock, Jazz, Avantgarde und Klassik dann doch nicht. Denn der aus Ostwestfalen stammende Freitag hat schon eine Karriere als Theaterkomponist hinter sich, die ihn auf die kunstvollen Klangbilder seiner ersten Studioplatte vorbereitete.

An der Berliner Schaubühne steuerte er seit 2010 Musik zu Produktionen der Regisseure Thomas Ostermeier und Ivo van Hove bei, mit Sandra Hüller («Toni Erdmann») sang er in München. Die Top-Schauspielerin tritt denn auch im schrägen Video zu «Don’t» als etwas andere Superheldin auf.

Nach rund dreijährigen Aufnahmen in Eigenregie zusammen mit Musikern aus der Berliner Szene ist Daniel Freitag ein anspruchsvolles und doch zugängliches Album geglückt. Seine Pop-Talentprobe hat er mit «Still» locker bestanden.

Für sein Songwriter-Handwerk gelernt hat er dabei von den Größten: «Aufgewachsen bin ich mit den Beatles, den Beach Boys und den frühen Genesis», erzählt Freitag. «Also Musik, die ‎eigene Welten erschafft und einen mitnimmt an Orte, an denen man noch nicht war. Und das fand ‎ich eine tolle Weise, Gefühle und Gedanken erfahrbar zu machen, die man mit Worten einfach nicht ‎ausdrücken kann.»

Ebendies habe er mit «Still» versucht: «Zu erzählen, was ich anders ‎nicht ausdrücken kann», sagt der studierte Musikwissenschaftler. «Ich habe lange nach den richtigen Sounds und Instrumenten ‎gesucht, vor allem habe ich aber auch lange nach meiner eigenen Stimme gesucht. Bis ich an den ‎Punkt gekommen bin, wo sich die Musik emotional richtig angefühlt hat, hat es Jahre gedauert.»

Der Weg zu «Still» war für Daniel Freitag also «eine Reise, bis ich bei mir musikalisch angekommen bin». In diesem Album stecke «alles von mir drin, mein Scheitern, meine Angst, meine Liebe und meine Hoffnungen». Man hört diesen Worten an, dass der Mann vom Theater kommt. Und seinen Songs hört man an, dass sie nicht etwa kühl experimentell, sondern tief empfunden sind.

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