Sebastian Vettel ist ein schlechtes Vorbild für Kinder – das behauptet zumindest sein WM-Rivale Lewis Hamilton.
„Viele Kinder schauen uns im Fernsehen zu und sehen einen vielfachen Weltmeister, von dem man denken sollte, dass er sich besser benehmen kann“, schimpfte Hamilton, nachdem der Ferrari-Pilot ihn beim Rennen in Baku gerammt hatte.
Ob Hamilton ein geeigneter Richter ist, wenn es um Vorbildcharakter geht, sei dahingestellt. Fakt ist: Vettel rastet häufig aus, und Hamilton ist nicht der erste, der die Vorbildfunktion des Deutschen in Frage stellt.
SPORT1 nimmt den Menschen und Rennfahrer Sebastian Vettel unter die Lupe.
Zunächst einmal muss der private Vettel von dem Mann hinter dem Steuer klar getrennt werden. Abseits der Rennstrecke gilt Vettel als bodenständig, der sein Privatleben so gut wie kaum ein anderer Formel-1-Fahrer von der Öffentlichkeit fernhält.
Vettel ist zudem seit vielen Jahren mit seiner Jugendliebe Hanna Prater zusammen, die anders als viele andere Fahrerfrauen kein Bedürfnis hat, sich in der Öffentlichkeit zu vermarkten.
Geht es nur um den Aspekt Privatleben, werden daher viele Eltern wohl Vettel als deutlich besseres Vorbild ansehen als den häufig auf Partys und mit verschiedenen Frauen anzutreffenden Hamilton.
Vettel verliert häufig die Nerven
Doch sobald der Helm auf ist, verwandelt sich Vettel in einen anderen Menschen, der in seiner Karriere bereits einige Male die Fassung verloren hat. In Erinnerung geblieben sind dabei vor allem seine oftmals nicht jugendfreien Schimpftiraden am Funk, die das hitzige Temperament von Vettel belegen.
Nachdem er 2010 mit Teamkollege Mark Webber kollidiert war, brüllte Vettel: „Was für eine Scheiße. Was für eine dumme Aktion. Ich fahre nach Hause.“ Als es einmal mit Fernando Alonso eng wurde, drohte er sogar mit einem Revanchefoul: „Er kann das doch nicht machen. Ich könnte ihm leicht einen Reifenschaden verpassen.“
Einer, der Vettel aus nächster Nähe erlebt, ist Nico Hülkenberg. Für den Renault-Piloten gehören Emotionen dazu – dennoch weiß er um Vettels Verwandlung im Cockpit. „Speziell, wenn er den Helm anhat, ist er ein echter Heißblüter. Er ist ein Vollblutrennfahrer, der schnell aus der Haut fährt“, sagte Hülkenberg bei SPORT1.
Vettel beschimpft Verstappen als Bastard
Während andere Piloten mit zunehmendem Alter ruhiger werden, häufen sich die Ausraster bei Vettel sogar. So beschimpfte er im August 2016 in Belgien Kevin Magnussen als Idiot. Eher noch harmlos im Vergleich zu den Tiraden in Richtung Max Verstappen beim Mexiko-GP nur einige Monate später.
Nachdem der Niederländer in Kurve eins abgekürzt hatte, tobte Vettel am Funk: „Er ist ein Bastard, das ist, was er ist, ein Bastard“. Später legte er nach: „Ich werde gleich jemanden schlagen“ und wandte sich dann an Rennleiter Charlie Whiting: „Ich habe eine Nachricht für Charlie: ‚Fuck off, ernsthaft Fuck off.’’“
Als er von einer Journalistin nach dem Rennen auf seine Vorbildfunktion für junge Rennfahrer angesprochen wird, sah Vettel endgültig rot. „Was wollen Sie mit dieser Frage erreichen? Glauben Sie, dass ich an kleine Kids denke, die das Rennen schauen? Natürlich nicht!“, blaffe er die Journalistin an.
Duell mit Hamilton droht zu eskalieren
Auch mit Teamkollegen geriet Vettel schon aneinander – man denke nur an die Rivalität mit Webber zurück. Ferrari verlängert trotz schwankender Leistungen also aus gutem Grund Jahr für Jahr mit Kimi Räikkönen. Der ruhige Finne bietet wenig Reibungspotenzial für Platzhirsch Vettel.
Das dachte man bisher auch von Vettels Duell mit Hamilton, da beide stets in höchsten Tönen voneinander sprachen. Doch mit dem Frieden ist es nach dem Rammstoß von Vettel in Baku vorbei.
„Vielleicht haben wir heute die Grenzen des Respekts erlebt“, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff nach dem Rennen. Aufsichtsratschef Niki Lauda geht sogar noch eine Stufe weiter und fürchtet den Beginn einer neuen Rivalität: „Irgendwann wird Lewis ihn schlagen, nicht mit dem Auto, sondern mit der Faust.“
Wie Idole Senna und Schumacher
Zwar war dies von Lauda bewusst etwas überspitzt formuliert – ausschließen kann man beim Aufeinandertreffen zweier Alphatiere aber nichts. Denn auch wenn Hamilton mit dem Finger auf Vettel zeigte – er selbst ist natürlich auch kein Kind von Traurigkeit.
Es ist vermutlich kein Zufall, dass sowohl Hamilton (Ayrton Senna) als auch Vettel (Senna und Michael Schumacher) Vorbilder hatten, die auf der Rennstrecke ebenso schnell wie gnadenlos waren, und in ihrer Karriere auch schon einmal einen Gegner von der Strecke rammten.
Diese Phasen zählten allerdings zu den Glanzzeiten der Formel 1. Insofern könnte der Königsklasse wohl wenig Besseres passieren als die Rivalität zwischen Vettel und Hamilton.