Chet-Baker-Film „Born To Be Blue“: Die dunkle Seite des „King of Cool“

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In seinem Todesjahr 1988 gab der legendäre Sänger und Trompeter Chet Baker ein elendes Bild ab: eingefallene Wangen, glasiger Blick, ungepflegte Frisur und kaum noch Zähne im Mund. Nichts war mehr geblieben von jener strahlenden Person, die drei Jahrzehnte zuvor wie ein Popstar gefeiert wurde und als „James Dean des Jazz“ galt. 

Chet Baker schuf unsterbliche Musik, als Sänger wie als Instrumentalist. Einige seiner Aufnahmen gehören bis heute zum Besten, was der Jazz hervorgebracht hat, darunter seine Interpretation des Standards „My Funny Valentine“. Seinen Ruhm konnte er jedoch nicht genießen, viel mehr war seine lange Karriere geprägt von Abstürzen und dem Kampf ums Überleben an seiner Drogensucht. 1957 nahm er zum ersten Mal Heroin und kam davon nie wieder ganz los.

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Der nun in den Kinos startende Film „Born To Be Blue“ von Robert Budreau widmet sich einer Phase im Leben des Musikers, als sich alles zum Guten hätte wenden können. Die Handlung setzt ein im Jahr 1962, Chet Baker (Ethan Hawke) sitzt gerade eine zweijährige Haftstrafe in einem italienischen Gefängnis ab, als ihn der legendäre Filmproduzent Dino De Laurentiis herausholt, um mit ihm gemeinsam sein Leben für die Leinwand zu verfilmen.

Chet Baker schafft das Comeback

In der Folge fasst der Film recht großzügig die Ereignisse mehrerer Jahre zusammen. Baker lernt am Set die Schauspielerin Jane (Carmen Ejogo) kennen und lieben, wird jedoch kurz darauf von seinem Dealer zusammengeschlagen, was tatsächlich 1966 geschah. Dabei verlor er mehrere Schneidezähne und benötigte ein künstliches Gebiss. Was seine Musikkarriere beinahe beendet hätte. Doch Baker kämpfte sich zurück, machte eine Methadon-Therapie und erspielte sich durch beharrliche Auftritte in kleinen Bars wieder die Aufmerksamkeit der Jazzwelt und der Plattenfirmen. 

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Vieles an der Geschichte folgt einer konventionellen Dramaturgie. Der geschundene Musiker, der durch die Liebe einer Frau gerettet wird und mit großer Anstrengung das Comeback schafft – das hat man oft gesehen. Um Baker beim Üben zu zeigen, verwendet „Born To Be Blue“ Bilder, die die Grenze zum Kitsch mehr als einmal überschreiten: Mal steht Chet an einer kalifornischen Steilklippe und reckt seine Trompete in den Nachthimmel. In einer anderen Szene steht er mit seinem Instrument knietief in den wilden Wellen des pazifischen Ozeans und bläst sich die Lunge aus dem Leib.

Miles Davis als Übervater

Dennoch besitzt der Film seine Qualitäten. Er schafft es vor allem, Einblick in die gequälte Seele des melancholischen Musikers zu geben. Bei einem Besuch bei seinen Eltern im ländlichen Oklahoma zeigt Bakers Vater seine volle Verachtung – und verständlich, wieso sein Schaffen von dem Gefühl tiefer Trauer und Einsamkeit durchzogen ist. Als zweiter Fixpunkt neben seinem Vater wird hier Miles Davis dargestellt – für Chet eine Art Übervater, der Chets Musik jedoch ablehnend gegenüber steht.

Vor allem aber trifft der Film in seiner lakonischen Erzählweise den Ton des Cool-Jazz, jener in den 50er Jahren an der US-Westküste entstandenen Spielart, durch die Chet Baker berühmt geworden ist. „Born To Be Blue“ ist eine gute Gelegenheit, seine Musik neu zu entdecken.

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