Die libysche Dschihadistengruppe Ansar al-Scharia hat ihre Auflösung bekanntgegeben. Die Gruppe erklärte am Samstag im Internet, sie bestehe nicht mehr wegen heftigen Verlusten.
Eine der ehemals grössten libyschen Dschihadistengruppen löst sich auf: Ansar al-Scharia erklärte am Samstag im Internet, sie werde ihren bewaffneten Kampf nicht fortsetzen. Die rund um die Hafenstadt Bengasi operierende Gruppe habe zuletzt in Kämpfen um die Macht in der Region schwere Verluste erlitten.
In der im Internet veröffentlichten Erklärung räumt die Gruppe ein, durch die jahrelangen Kämpfe in ihren früheren Hochburgen im Osten Libyens «geschwächt» zu sein. Die Kämpfe mit den Truppen des Rebellenkommandanten Chalifa Haftar forderten demnach einen hohen Tribut. Dabei sei auch die gesamte Führung der Gruppe getötet worden.
Zum IS übergelaufen
Zahlreiche Kämpfer von Ansar al-Scharia sind zudem zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) übergelaufen. Die Extremisten riefen andere «revolutionäre Gruppen» und Schura-Räte zur Bildung einer Einheitsfront auf.
Ansar al-Scharia bedeutet auf Arabisch «Anhänger des islamischen Gesetzes». Die Miliz wird von den USA und den Vereinten Nationen als Terrororganisation eingestuft. Ende 2014 verhängte die Schweiz Sanktionen gegen die Gruppe.
Der Gruppe werden zahlreiche Anschläge zur Last gelegt, darunter auch der auf das US-Konsulat in Bengasi. Die Vereinigten Staaten machen sie für den Anschlag mit vier Toten auf das US-Konsulat in der ostlibyschen Stadt vom 11. September 2012 verantwortlich. Dabei wurden der Botschafter Christopher Stevens sowie drei weitere US-Bürger getötet.
Die Gruppe hatte Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida. Ihr Anführer Mohamad Asahawi war Ende 2014 bei Kämpfen gegen Truppen des abtrünnigen Generals Chalifa Haftar getötet worden. Haftar kämpft im Osten Libyens gegen Regierungstruppen sowie Aufständische.
Mythos «des Einäugigen»
Die Miliz war auch vom berüchtigten algerischen Dschihadistenführer Mokhtar Belmokhtar gelenkt worden. Belmokhtar, der als «der Einäugige» bekannt ist, hat unter Extremisten einen mythischen Ruf. Er war im April 2013 und erneut im Juni 2015 nach einem US-Luftangriff in Libyen für tot erklärt worden – doch später tauchte er jedes Mal wieder auf.
Ansar al-Scharia war wie andere bewaffnete Gruppen nach dem Sturz und dem Tod des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 entstanden. Die Gruppe war nicht nur in der zweitgrössten libyschen Stadt Bengasi aktiv, sondern auch in Derna sowie in Gaddafis Heimatstadt Sirte. Bengasi wird aber inzwischen zu grossen Teilen von Haftars Truppen kontrolliert.
Seit dem Tod Gaddafis beherrschen konkurrierende bewaffnete Söldnertruppen das ölreiche Land. Auch die IS-Miliz nutzte die unübersichtliche Lage aus, um sich in dem nordafrikanischen Staat auszubreiten. (SDA)