Die Vorfreude steigt: Am Samstag geht es in der „Grünen Hölle“ endlich wieder rund. Nach langer Winterpause – fast fünf Monate lang blieben die Motoren auf der legendären Nürburgring Nordschleife stumm – startet die VLN-Langstreckenmeisterschaft mit der 63. Westfalenfahrt in ihre 41. Saison. Mehr als 190 Fahrzeuge haben für das Auftaktrennen genannt und werden den Fans ein Motorsportfest sondergleichen bereiten.
Mit von der Partie ist die Elite des europäischen Motorsports: erfolgreiche Topstars aus der internationalen Sportwagenszene, ehemalige Le Mans-Sieger und fast das halbe DTM-Fahrerfeld. Und Topfahrzeuge vom Schlage eines Audi R8 LMS, Bentley Continental GT3, BMW M6, Ferrari 488, Lamborghini Huracan, Mercedes-AMG GT3, Nissan GT-R Nismo und Porsche 911 GT3, garniert von Exoten wie dem Renault R.S. 01 und dem Glickenhaus SCG003C, lassen die Herzen der Fans rund um die Nordschleife höher schlagen. Nicht weniger als 36 hochkarätige Rennboliden aus der GT3 (SP9) und der SP-X-Klasse kämpfen um den Tagessieg.
Die wahren Helden fahren Kleinwagen
In der weltweit größten Breitensport-Rennserie sind die wahren Helden jedoch abseits der Spitzengruppe zu finden. Denn von den Top-Autos mit über 500 PS reicht die Bandbreite der Fahrzeuge in der VLN bis hin zum seriennahen Renntourenwagen mit gerade mal 1,8 Litern Hubraum.
Reiner Thomas aus Hürth und Manfred Schmitz aus Kerpen bilden in der Klasse V2 mit ihrem kleinen BMW 318is beim Saisonauftakt das andere Ende des Teilnehmerspektrums. Ihr seriennaher Produktionswagen leistet weniger als ein Drittel der hubraumstarken PS-Boliden in der Spitzengruppe, trotzdem sind die beiden mit mindestens ebenso großer Begeisterung dabei.
Und wenn sie nach Ablauf der Vier-Stunden-Distanz die Zielflagge sehen, ist ihre Freude wohl um ein Vielfaches größer als bei den arrivierten Profirennfahrern. Thomas und Schmitz gehen seit 2013 regelmäßig in der VLN an den Start. 2016 haben sie bei allen Rennen die Zielflagge gesehen – als Sieger. Zugegeben, siebenmal hätten sie auch nur sich selber schlagen können, denn sie waren die einzigen Teilnehmer in der V2. Ihren Ehrgeiz schmälert das nicht im Geringsten, auch 2017 greifen sie wieder voll an.
Publikumslieblinge aus der Region
Man muss nicht unbedingt Kleinwagen fahren, um in der Gunst treuer und fachkundiger VLN-Fans ganz weit oben zu stehen. Das gelingt natürlich auch mit einem GT3-Auto, wie WTM-Racing und Frikadelli-Racing traditionell auf und an der Nordschleife seit Jahren eindrücklich unter Beweis stellen.
WTM, das steht in diesem Jahr für „Wochenspiegel Team Monschau“. Teameigner Georg Weiss hat in der Winterpause Marke und Auto getauscht: Ferrari 488 GT3 statt Porsche 911 GT3 R. Dafür startet der Unternehmer aus Monschau weiterhin zusammen mit seinen langjährigen Weggefährten Oliver Kainz, Jochen Krumbach und Mike Stursberg in die neue VLN-Saison. Eine Platzierung in den Top-Ten scheint angesichts der geballten Macht der Gegner in der GT3-Klasse schon sehr schwierig. Trotzdem darf man sicher sein, dass die Fans die Fahrt des Amateur-Quartetts feiern werden, schließlich sorgt Weiß mit seinem flammneuen Ferrari für Abwechslung und untermauert seinen Individualismus.
Einen Neuzugang gab es bei Frikadelli-Racing. Der Porsche des Fleischwarenfabrikanten Klaus Abbelen und seiner Lebensgefährtin Sabine Schmitz wird in diesem Jahr erstmals auch von Andreas Ziegler aus Remagen pilotiert. Der Newcomer im Team – der 46-jährige Lokalmatador zählt zu den erfahrenen Nordschleifen-Piloten – kehrt nach einem Jahr im Audi R8 LMS zum Neunelfer zurück. Solche Porsche hat er in unterschiedlicher Form in den sechs Jahren davor pilotiert. 2015 fuhr er mit dem GT-Klassiker aus Stuttgart zu seinem bislang einzigen Klassensieg. Der Österreicher Norbert Siedler komplettiert das Frikadelli-Quartett.
Alter schützt vor Rennspeed nicht
Der mit Abstand älteste Rennwagen im bunt gemischten Starterfeld ist der Opel Manta von Olaf Beckmann. Das Sportcoupe ist seit 1994 in der Langstreckenmeisterschaft dabei und errang 51 Klassensiege in 113 Rennen – und ein Ende ist nicht abzusehen. Nicht nur der Wagen hat viele Jahre auf dem Buckel (mittlerweile weit über 50.000 Rennkilometer), auch Beckmann und seine Mitstreiter Peter Hass und Volker Strycek sind reich an Erfahrung. Zusammen vereinen sie 189 Lenze im Manta.
Volker Strycek tritt zudem auch in dieser Saison wieder den Beweis an, dass die VLN eine echte Familienangelegenheit ist. Zusammen mit Tochter Lena und Sohn Robin absolviert der ehemalige DTM-Meister im Opel Astra OPC Cup einen Doppelstart.
Die Meister gehen getrennte Wege
Während das Manta-Trio eine eingeschworene Mannschaft ist, gehen Alexander Mies und Michael Schrey, die amtierenden VLN-Meister und auch Gewinner des BMW M235i Racing Cup, 2017 getrennte Wege. Während Schrey dem Team Bonk-Motorsport und dem BMW Cup die Treue hält, ist Mies zum Team GetSpeed Performance in die Porsche Cup-Klasse gewechselt. Dort fährt er zusammen mit Tim Scheerbarth, dem VLN-Champion von 2011, und dem Luxemburger Steve Jans einen Porsche 911 GT3 Cup.
Vom eigenen Potenzial her hätte das Trio 2017 gute Aussichten auf den Titel, gäbe es da nicht das altbewährte Punktesystem der VLN, das die Fahrer am meisten belohnt, die in ihrer Klasse die meisten Konkurrenten hinter sich lassen. Beim Auftaktrennen ist die Porsche Cup-Klasse mit fünf Fahrzeugen dünn besetzt, sodass die Punkteausbeute selbst bei einem Sieg mager ausfallen würde.
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