Von Asa bis Anna Ternheim: Starke Frauen: Female-Pop-Alben im Herbstüberblick

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Ob Folk, Rock, Soul, Jazz oder Singer-Songwriter – immer häufiger setzen Frauen im Pop die Akzente. Die Deutsche Presse-Agentur stellt zehn Musikerinnen mit ihren neuen Alben in alphabetischer Reihenfolge vor.

ASA – «Lucid» (Wagram/Indigo): Die vor 37 Jahren als Bukola Elemide in Paris geborene Sängerin mit nigerianischen Wurzeln legt seit 2007 regelmäßig feine Platten zwischen Soul, Reggae, Jazz und Folk vor. Damit ist sie vor allem in ihrer Heimat Frankreich und der Schweiz sehr erfolgreich. Auch ihr viertes Studioalbum bietet eine gelungene Stil-Mixtur – mit Ausflügen in den Afro-Pop («Good Thing») und mit politischen Untertönen («Murder In The USA»). Asa beschreibt die Songs als «auf eine bestimmte Art autobiografisch». Aber selbst wenn man nicht auf die Texte achtet, fasziniert ihr voller, warmer Gesang.

WALLIS BIRD – «Woman» (Mount Silver/Caroline): Wer die 37 Jahre alte irische Singer-Songwriterin in der ZDF-Sendung «Aspekte» gesehen hat, kann es bestätigen: Bird ist auf der Bühne eine Powerfrau mit ganz viel Charisma und Erfahrung aus über 800 Gigs. Ihr sechstes Album seit dem Debüt von 2007 feiert die Liebe zu einer Frau und die klassische Soulmusik – «immer schon ein Vehikel für Liebe und den Wunsch nach Veränderung», wie Bird sagt. Die in Berlin lebende Musikerin versucht hier nicht schwärzer zu klingen als ihre Vorbilder, sondern verbindet Soul auf sehr gelungene Weise mit ihren Folkpop-Wurzeln.

JOSIENNE CLARKE – «In All Weather» (Rough Trade/Beggars): Nach den Jahren im Duo mit Ben Walker hatte diese junge britische Sängerin zuletzt Richard Thompson und Robert Plant auf Tourneen begleitet – ein Zeichen, welche Wertschätzung sie schon genießt. Ihr Soloalbum nahm Clarke nun auf der kargen schottischen Insel Bute auf – man meint es in ihren bittersüßen, sehr transparent instrumentierten Folksongs zu hören. «Dies sind nicht Liebes-, sondern Lebenslieder», sagt Clarke. In «My Love Gave Me An Apple» erklingt eine Harfe, in «If I Don’t Mind» eine kernige E-Gitarre – und stets erinnert der klare Gesang an Sandy Denny. Toll.

FEMME SCHMIDT – «The Luv Project» (Luv Records/Cargo): Zwischen leicht laszivem Pop und Jazz pendelte bisher die 1990 in Koblenz geborene Sängerin Femme Schmidt (bürgerlich Elisa Schmidt). Damit war sie so erfolgreich, dass sie bereits mit Coldplay, Bryan Ferry oder Elton John Bühnen teilen durfte. Ihr neues Album klingt nun sphärischer, dunkler, ungefähr wie eine europäische Variante von Lana Del Rey. Melancholische Arrangements – etwa in «Where Do We Go Now» – umschmeicheln die ausdrucksvolle Stimme der Femme. Mit sieben Tracks (plus zwei Song-Downloads) ein kurzes Album, das den Horizont des Vorgängers «Raw» erweitert.

EMMA FRANK – «Come Back» (Justin Time/Nettwerk): Das betörendste Album dieses Überblicks stammt von einer blonden Sängerin aus Boston, die jetzt im kanadischen Montréal lebt. Es ist bereits ihr viertes, und man fragt sich, wie diese Musikerin bisher unter dem Radar bleiben konnte. Schon der Titelsong und Opener bezaubert mit smartem Folkpop, erst recht dann Emma Franks Coverversion der zu Tränen rührenden Wilco-Ballade «Either Way». Hier ist der britische Folk-Barde Nick Drake nicht weit, anderswo die legendäre Joni Mitchell. Eine fantastische Sängerin, ein rund um Jazz-Pianist Aaron Parks wunderschön arrangiertes Album.

BRITTANY HOWARD – «Jamie» (Columbia/Sony): Als Frontfrau der US-Südstaaten-Band Alabama Shakes feierte sie große Charts-Erfolge und durfte sich vier Grammys abholen. Mit ihrem Solo-Debüt wagt Howard Neues: weg vom Southern-Rock und Folk, hin zu bisweilen sperrigeren «Songs, die keinem bestimmten Genre zugeordnet werden». Dass man manchmal an Prince oder andere Freigeister der afroamerikanischen Musikgeschichte denkt, schadet nicht. «Jamie» ist der früh gestorbenen Schwester gewidmet, verarbeitet Rassismus-Erfahrungen («Goat Head») und enthält mit «Georgia» ein Liebeslied an eine Frau. Die 31-Jährige hat sich freigeschwommen.

JOAN SHELLEY – «Like The River Loves The Sea» (No Quarter/Cargo): Von «einer der lieblichsten Stimmen» im Pop schwärmt der «Rolling Stone» – und meint diese 34 Jahre alte Sängerin. Nach dem von Jeff Tweedy (Wilco) produzierten Durchbruchsalbum (2017) hat sie für ihr neues Werk wieder Promi-Unterstütung gefunden, etwa Produzent James Elkington und Bonnie «Prince» Billy. Zu Recht im Zentrum steht aber der edle Gesang der US-Amerikanerin, den sie diesmal in Island aufnahm. In die Lieder eingewoben seien die irischen, britischen und afrikanischen Wurzeln der Musik ihrer Heimat Kentucky, sagt Shelley. Ein vielschichtiges Folk-Album.

LISA SIMONE – «In Need Of Love» (Warner): Sie trägt ihre Bürde mit Würde – als Tochter von Nina Simone (1933-2003). Die 57 Jahre alte Sängerin verbindet den politisch aufgeladenen Jazz der berühmten Mutter mit Soul, Gospel, Funkrock und Reggae («Had I Known»). Das mit französischen Musikern aufgenommene neue Album dürfte als Akt der Emanzipation vom Erbe eines überlebensgroßen Vorbildes das bisher beste sein. Schon ihre fabelhafte Stimme macht aus Lisa Simone eine Künstlerin von ganz eigener Statur. Und mit «The Reckoning» hat sie mindestens einen Song im Programm, der in den 60ern ein Motown-Welthit geworden wäre.

SUDAN ARCHIVES – «Athena» (Stones Throw/Rough Trade): Brittney Denise Parks alias Sudan Archives ist Sängerin und Violinistin. Aber was diese junge Frau mit Stimme und Geige macht, hat mit herkömmlichen Vorstellungen nichts zu tun. Afrikanische Musik, R&B und experimentelle Elektronik führt die in Cincinnati/Ohio geborene Künstlerin zu einem hochmodernen Gebräu zusammen, das ihr schon höchste Lobeshymnen eingebracht hat. Der variable Gesang erinnert an Legenden des Soul und hat im nächsten Moment mehr mit Neutönerinnen wie Solange oder FKA twigs zu tun. «Athena» ist traditionsbewusst und zugleich topaktuell.

ANNA TERNHEIM – «A Space For Lost Time» (BMG): Sie wollte diesmal «eine sehr reduzierte Platte machen», erzählt die 41-jährige Singer-Songwriterin aus Stockholm, die Bob Dylan, Leonard Cohen und Tom Waits zu ihren Idolen zählt. «Am Ende klingt es dann aber doch wieder nach einem düsteren schwedischen See.» Das hört sich etwas resignierend an – doch andererseits weiß man, was man von Ternheim bekommt: sorgfältig komponierte, hochpersönliche, manchmal hymnische Lieder mit Tiefgang. Der Albumtitel soll «die Sehnsucht nach Vergangenem» ausdrücken und passt damit perfekt zu diesem melancholiegetränkten, anmutigen Folkpop.

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