Zu DDR-Zeiten galt Bitterfeld als schmutzigste Stadt Europas. Es war ein trister und grauer, aber doch ein Vorzeigeort der DDR-Film- und Fotoindustrie und einiger Chemie-Kombinate.
Was sich seitdem verändert hat, will die Reportage «Bitterfeld-Wolfen vom Chemie-Moloch zur grünen Oase» zeigen, die an diesem Samstag (18.00 Uhr) im ZDF innerhalb der Reihe «Mein Land, dein Land» zu sehen ist.
Vor der Wende war Bitterfeld kein schöner Ort zum Leben und Arbeiten – und direkt nach der Wende auch nicht. Da kam der völlige Einbruch: Viele Fabriken wurden geschlossen, Arbeitsplätze gingen verloren, die Bevölkerung schrumpfte von 3000 Einwohnern auf 1500. Ein Drittel davon wählte bei der vergangenen Landtagswahl die AfD – und das, obwohl die Arbeitslosigkeit binnen 20 Jahren von 27 Prozent auf 7,7 Prozent deutlich gesunken ist.
Aber was sagen solche Zahlen schon? So brachte das neue Solar-Valley nicht den erhofften Erfolg, weil die Solarindustrie-Konkurrenz aus China einfach günstiger produzierte. Im umgebauten Chemiepark – so heißt er heute – jedoch stellen große Pharmakonzerne ihre Medikamente her, und auch die modernsten Glasfaserkabel der Welt werden dort gefertigt. In der Innenstadt gibt es außer einigen Discountern nicht viel zu sehen. Immerhin ist der Goitzsche-See zu einem ganz hübschen Naherholungsgebiet umgebaut worden, aber nur dank eines umstrittenen Geschäftes mit privaten Investoren.
Die ZDF-Reporter Micha Hawich und Michael Beck haben über mehrere Wochen hinweg verschiedene Seiten der Stadt dokumentiert. Dabei greifen sie auf Archivmaterial und Erinnerungs-O-Töne von Protagonisten zurück, die zu DDR-Zeiten in Bitterfeld gelebt und/oder gearbeitet haben. «Wir sind auf Brisantes gestoßen wie den Verkauf eines Naherholungsgebietes zu einem Schleuderpreis», sagten die Autoren der Nachrichtenagentur dpa. «Aber wenn man solchen Dingen auf den Grund geht und Halbwissen mit Fakten konfrontiert, relativiert sich manchmal die Brisanz.»
Und so fällt das Fazit der Reportage eher gemischt aus: Von durchweg blühenden Landschaften spricht keiner – nach ihren Recherchen würden die Autoren dennoch sagen, dass sich Bitterfeld-Wolfen im Vergleich zur Wendezeit zum Positiven verändert hat. Das komme aber immer auf die Perspektive an: Auch wenn es einer Reihe von großen und mittelständischen Unternehmen hier sehr gut gehe, helfe das dem ehemaligen Chemiearbeiter nicht weiter, der den DDR-Zeiten nachtrauert und heute Hartz IV bezieht. Die Frage, ob sich nach der Wende das meiste zum Positiven verändert hat, würde der wohl eher mit Nein beantworten.