hilipp Kohlschreiber reichte dem verdutzten Florian Mayer die Hand, er verabschiedete sich noch vom Schiedsrichter – und ließ dann seinen ganzen Frust am Schläger aus. Kohlschreiber hämmerte sein Racket immer wieder auf den Boden, bis es völlig kaputt war.
Kohlschreiber wütete, weil sein Körper streikte – im Halbfinale der German Open musste er in Führung liegend verletzungsbedingt aufgeben. Und sich dann auch noch die Pfiffe des Hamburger Publikums gefallen lassen.
„Natürlich sind die Fans enttäuscht, sie wünschen sich ein enges Match“, sagte Kohlschreiber danach, „auch für mich ist es bitter. Aber der Muskel hat absolut dicht gemacht, es hatte keinen Sinn mehr.“ Die linken Adduktoren hatten Kohlschreiber gestoppt.
„Er hat keine Pfiffe verdient“, sagte auch Mayer, nachdem er durch das 4:6 und 3:2 erstmals in seiner Karriere das Finale am Rothenbaum erreicht hatte.
Mayer vor letzter Chance
Im Endspiel heißt es am Sonntag nun Mayer gegen Mayer – die Nummer 101 der Welt trifft auf seinen Namensvetter Leonardo Mayer aus Argentinien, Hamburg-Sieger von 2014 (15 Uhr im LIVETICKER).
„Wahnsinn, oder?“, sagte der verblüffte Mayer über das Mayer-Duell: „Ich werde mich zerreißen, alles geben. Hier im Finale zu stehen ist eine riesige Chance und wohl auch meine letzte.“
Als bisher letzter Deutscher stand 2012 Lokalmatador Tommy Haas im Finale an der Elbe, der heutige Turnierdirektor Michael Stich war vor 24 Jahren der letzte deutsche Gewinner am Rothenbaum. Kohlschreibers Aufgabe „trübt die Freude, aber so ist der Sport“, sagte Mayer.
Wieder der Oberschenkel
Kohlschreiber war am Ende auch so bedient, weil er die Partie bis zu seiner Verletzung absolut dominiert hatte.
Nachdem der 33-Jährige im ersten Satz 2:4 hinten lag, gelangen ihm sechs Spiele in Serie. Doch nach 57 Minuten machte Kohlschreiber, der am Rothenbaum erstmals von seinem neuen Trainer Markus Hipfl betreut wurde, der Körper einen Strich durch die Rechnung. Der Muskel zwickte – erneut.
Schon im seinen Viertelfinale gegen Nicolas Kicker hatte Kohlschreiber Probleme, er hatte sich sogar behandeln lassen müssen und wurde dick am rechten Oberschenkel bandagiert.
„Gesundheit an erster Stelle“
Doch anschließend zeigte er sich eigentlich auch optimistisch, dass er für das Retro-Duell der Routiniers mit Mayer wieder fit werden würde. Doch auch am Samstag habe er „mit Problemen begonnen, die nicht besser geworden sind“, sagte Kohlschreiber, Nummer 58 der Weltrangliste. Dann sei es „richtig reingeschossen“, die Aufgabe war alternativlos: „Die Gesundheit steht an erster Stelle.“
Dabei ging eine knappe Stunde alles gut, Kohlschreiber überzeugte mit seinem variablen Spiel, frechen Stopps und kraftvollen Passierschlägen. Gegen Mayer hatte er das Geschehen auf dem Platz unter Kontrolle – doch dann wollte sein Körper nicht mehr.