Er war ein Genie, aber lange Zeit kannte ihn fast niemand: Alan Turing, britischer Mathematiker und Informatiker, war schwul und ein Einzelgänger. Sein Leben ist faszinierend und tragisch.
Historiker gehen davon aus, dass seine Entschlüsselung des Enigma-Codes der Nazis den Zweiten Weltkrieg um einige Jahre verkürzte. Turing starb 1954 mit nur 41 Jahren. Zu seinen Lebzeiten blieb ihm der Ruhm verwehrt, der ihm zugestanden hätte. Ein Film erzählt seine Geschichte. Das Erste bringt «The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben» am Montag (3. Juli) um 20.15 Uhr zum ersten Mal ins deutsche Fernsehen.
Der norwegische Regisseur Morten Tyldum wagte sich mit diesem Spielfilm (2014) an den vielschichtigen Stoff. Vorlage ist das Drehbuch des US-Autors Graham Moore, der mit «The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben» sein erstes Skript verfasste. Die Hauptrolle übernimmt der britische Schauspieler Benedict Cumberbatch, der in «Sherlock» und «Inside WikiLeaks – Die fünfte Gewalt» schon clevere Ermittler und kritische Denker dargestellt hat.
Cumberbatch (40) spielt Turing in all seinen Facetten: als sonderlichen Einzelgänger, der schon in der Schule gehänselt wird. Als arroganten Wissenschaftler, der seine Kollegen provoziert und abweist, als besessenen Läufer und verschlossenes Genie, in Gesellschaft mal kühl, mal humorvoll. Gleichzeitig kommt eine gequälte, sensible Seite zum Vorschein und nicht zuletzt seine Besessenheit beim Umgang mit Zahlen und Codes.
In einer streng geheimen Mission des britischen Staates soll Turing mit anderen Wissenschaftlern verschlüsselte Funksprüche der Nazis knacken. Er eckt mit seinen Kollegen und Vorgesetzen an, doch am Ende hat er Erfolg. Die Codes werden entschlüsselt, die Alliierten können die Pläne der Deutschen durchschauen und darauf reagieren. Die Erfindung wird aus strategischen Gründen geheim gehalten – von Turings Heldentat erfährt praktisch niemand.
Tyldum macht aus dem Rennen der Entschlüsselungsexperten gegen die Zeit einen spannenden Thriller. Er stellt Cumberbatch interessante Figuren zur Seite, darunter Keira Knightley in der Rolle einer Mathematikerin, die mehr als nur eine platonische Freundschaft will.
Nach dem Krieg wird das Genie chronisch unterschätzt. Dabei leistet er Grundlagenarbeit für die spätere Computertechnik und künstliche Intelligenz. Nach einer Affäre mit einem Mann wird Turing 1952 wegen «Verstoßes gegen gute Sitten» verurteilt. Chemische Kastration durch weibliche Hormone «bewahrt» ihn vor dem Gefängnis. 1954 stirbt Turing an einer Zyanid-Vergiftung, kurz vor seinem 42. Geburtstag. Es gilt als sicher, dass er sich das Leben genommen hat.
Dass Turing dem Zuschauer so ans Herz geht, ist vor allem Cumberbatch zu verdanken, der den Sonderling mit der nötigen Einfühlsamkeit darstellt und 2015 bei den Oscars als bester Hauptdarsteller für «The Imitation Game» nominiert war.
«Als ich die letzte Szene gespielt habe, gab es ein paar Einstellungen, bei denen ich nicht aufhören konnte zu weinen», sagte der Schauspieler. «Es ist leider und erstaunlicherweise aktuell und wichtig zu sehen, dass Menschen in Zeiten von Armut, Nationalismus oder Faschismus Minderheiten zu Sündenböcken machen.»