Störche gibt es in Mitteleuropa mittlerweile wieder vermehrt, und meistens sitzen sie hoch oben auf den Dächern. Es geht aber auch anders, wie die Reportage «Der alte Mann und der Storch» erzählt, die an diesem Samstag um 19.25 Uhr auf Arte zu sehen ist.
Es ist Anfang März in Kroatien, in einer Flusslandschaft namens Lonjsko Polje, durch die die Save fließt. Hier, im Dorf Cigoc, lebt Stjepan Vokic. Der pensionierte Hausmeister einer Schule hat eine ganz spezielle Freundin: Es ist die Storchendame Malena.
Seit fast einem Vierteljahrhundert schon kümmert er sich hingebungsvoll um sie, denn sie kann nicht mehr fliegen, nachdem sie angeschossen worden war. Einen Partner hat sie trotzdem, den Storch Klepetan. Wenn er im Herbst nach Afrika fliegt, wohnt Malena bei Stjepan im Hause.
Der Mann hat der Störchin nicht nur einen Horst auf dem Dach seines Hauses gebaut, sondern auch eine Rampe, die dort hinaufführt – samt Regendach über dem großen Nest. Laut klappernd stolziert sie erstaunlich grazil nach oben. Und ihr Freund steigt ihr nach, um sie zu füttern, denn die paar Heuschrecken, die sie vom Erdboden aufpicken kann, reichen nicht.
Stjepan fischt aus dem Strom, was an der Angel hängen bleibt, und reicht ihr die Häppchen. Fisch liebt sie besonders. Malena hat sich total an den Witwer gewöhnt, lässt sich füttern und streicheln, auch ins Haus hinein folgt sie ihm – zum Fernsehen. Autofahren scheint sie besonders zu genießen, denn dabei streckt sie gerne ihren Kopf aus dem Fenster. Mit dem Schnabel im Fahrtwind ist das Fahren ja fast so schön wie das Fliegen.
Malena und Klepetan bekommen auch Nachwuchs, der teilweise mitgefüttert wird (sie benötigen bis zu fünf Kilo Fisch am Tag). Stjepan kann die drei Jungstörche sogar anfassen, was ein Fremder niemals dürfte.
Im Dorf hat jedes Haus mindestens ein Nest, manche auch zwei – insgesamt sind es 47. Dass der Weißstorch die Kinder bringen soll, ist natürlich eine Mär – und in dieser Gegend von Kroatien würde sie ohnehin kaum zutreffen, da es dort nur noch wenige junge Menschen gibt. Viele ziehen in die größeren Städte.
Die Autorinnen Mirjana Momirovic und Caroline Haertel erzählen die anrührende Geschichte der besonderen Mensch-Tier-Freundschaft stimmungsvoll, einschließlich anschaulicher Aufnahmen direkt aus dem Storchennest, wo die Jungtiere beringt werden und erste Flugübungen machen.
Nebenbei erfährt der Zuschauer viel über die Menschen, die in den Dörfern leben. Manche wohnen in bis zu 250 Jahre alten Holzhäusern. Die Landschaft mit ihrem vielfältigen Artenreichtum ist überaus faszinierend, Fluss und Flut bestimmen das Leben der Menschen und Tiere. Doch Ackerbau und Viehzucht lohnen sich nicht mehr. Teilweise wird auch ökologische Landwirtschaft betrieben, aber sie findet wenige Nachahmer.
Führt die Dokumentation zu Nachahmern, die einem hilflosen Tier aufopferungsvoll helfen? Es kann daraus eine einzigartige Freundschaft entstehen, mit vielen Entbehrungen: Urlaub ist nicht drin, die Hausfassade dient schon mal als Toilette. Aber es gibt auch viele entschädigende Momente voller Dankbarkeit, Lebensfreude und schier grenzenlosem Vertrauen – soweit das zwischen Mensch und wildem Tier möglich ist.