RTL-Staffelauftakt: Das Bachelorette-Frauenideal: „Optisch wie ein Model, Charakter von ’ner Dicken“

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Es ist der zweithöchste Feiertag des schwulen TV-Kalenderjahres: Der Start der neuen Staffel der Bachelorette. Übertroffen nur vom Eurovision Song Contest. 20 mehr oder weniger aufgepumpte und tätowierte Gockel schmeißen sich in Schale und sind am Ende dem Urteil einer Frau ausgeliefert. Kann es für homosexuelle Männer etwas Schöneres geben als zu sehen, wie die früheren Schulhof-Kings der Reihe nach zu hilflosen Nervenbündeln werden? Herrlich! Ein bisschen Anhimmeln geht natürlich trotzdem. Wofür ist man schließlich schwul? Also, Prosecco auf und ab auf die Couch!

Das erste schallende Gelächter gilt allerdings der Bachelorette selbst. Sie säuselt zum Sendungsauftakt doch tatsächlich so etwas wie: „Ich möchte die Liebe meines Lebens finden … Eine Partnerschaft, die natürlich ewig hält.“ Bei so viel Arztroman-Schmalz muss die Reality-Format-gestählte Jessica Paszka selbst etwas grinsen. Denn natürlich hat sie sich – genau wie die schwulen Fans des Formates – vorbereitet und weiß nur zu gut, dass keine der Bachelorette-Beziehungen länger gehalten hat.Geni(t)al abgelichtet

Aber was soll’s? Die 27-Jährige ist in der Eröffnungsfolge ohnehin nur Beiwerk. Ja, durchaus schmückendes. Und sie verteilt am Ende die Rosen ganz prima spannend. Nach vier Jahren Trash-TV-Bachelor(ette)-Studium wäre alles andere auch eine Blamage. Ein paar mehr Fragen hätte sie sich für die erste Begrüßung der Männer vor der Villa jedoch durchaus einfallen lassen können. Wer’s verpasst hat: Ja, sie waren alle aufgeregt. Sogar „Oh Gott, ich krieg einen Herzinfarkt“-mäßig aufgeregt. Total hetero.

Neben der Nervosität eint die meisten Kandidaten – wieder einmal – ihre Vorliebe für Muskeln, Tattoos und sich selbst. „Ich finde, mein Charakter ist gut … mein Aussehen auch“, freut sich der 28-jährige Marco und bringt mit Koblenzer Dialekt seine Erwartungen an seine Traumfrau auf den Punkt: „Optisch wie ein Model, Charakter von ’ner Dicken.“ Meine Schock-Verliebtheit verfliegt binnen Sekunden. Ähnlich bei Model Michi (26): „Leider bin ich doch ziemlich oberflächlich.“ Wenn sie einfach nichts sagen würden – es ließe sich so schön träumen!

Da war doch diese Po-Vergrößerung, Jessica Paszka …

Weitere Problem-, na sagen wir es ruhig: Fremdschäm-Momente sind traditionell die Geschenke, die die Kandidaten der Angebeteten zur Cocktailparty mitbringen. Alex‘ glücksbringender Knopf von seiner Schornsteinfeger-Uniform ist tatsächlich niedlich. Der 1. FC Köln-Schal, den der kurzsichtige, dreifache Vater Michael (25) mitbringt, ist hingegen schon schwieriger. An sexuelle Nötigung reicht dann allerdings das Strandkleid, das Personal Trainers Alexandre (32) Jessica überreicht. Übrigens eine Fehlinvestition – der Franzose ging am Ende ohne Rose nach Haus.

Größter Aufreger bei der Cocktailparty war Schornsteinfeger Alex, der überraschend direkt und dominant seine Zeit mit der Bachelorette einforderte und dabei wirkte, als hätte er anständig einen über den Durst getrunken. Selbst wenn dem so wäre: Wer will es ihm verdenken bei all dem Testosteron und den Unmengen von Hochwasserhosen, die sich um den beleuchteten Pool versammelt hatten?Ryanair Sex im Flieger Bitprojects 12.30 Uhr?

Die schlauste Frage des Abends kam hingegen von David, dem 27-jährigen Schlagzeuger der Metal-Band Eskimo Callboy, der bei Konzerten auch gern mal oberkörperfrei auftritt. Ein Anblick, bei dem man den musikalischen Lärm glatt überhören kann. Überraschenderweise war ausgerechnet er der einzige, der die Bachelorette nicht nur als ehemalige Bachelor-Teilnehmerin sofort erkannte, sondern sie auch mit Vor- und Zunamen ansprach. Ob sie mit ihrer Teilnahme nur PR wolle, fragte er Jessica. Denn schließlich wäre er dabei, um die Frau fürs Leben zu kennen. Das brachte ihm Sympathiepunkte und am Ende des Abends auch eine Rose.

Eigentlich hätte man diese investigative Frage eher vom Blogger Julez erwartet. Der arbeitet im Beauty- und Kosmetikartikel-Bereich und ist – man ahnt es – bisexuell. Verrückt! Und das im Jahr 2017. Wie gehen die Hetero-Hähne damit um? Und wie die Bachelorette? Gar nicht. Denn der 26-Jährige blieb völlig farblos. Wenn er seinen Blog mit der Teilnahme an der Show bekannter machen wollte, ist das ziemlich in die Hose gegangen. Denn für ihn gab’s keine Rose.

Die ersehnten Blumen erhielt hingegen eine durchaus bunte Mischung an Männern, die auch die typischen Zielgruppen in der schwulen Zuschauerschaft bestens bedient. Da wäre der Twink Martin, der aus nicht viel mehr als Bergen von unbehaarten Muskeln besteht. Außerdem Nerd Lukasz, der einzige offene Brillenträger, der auf Lehramt studiert und Klarinette spielt. Desweitern Hipster Sebastian, der vollbärtige Fitnesstrainer mit Vorliebe für Disney-Filme. Und Daddy Niklas, mit Glatze und Vollbart der nur äußerlich männlichste Teilnehmer der Runde. Daneben jede Menge mainstreamige Hingucker. Gar nicht übel.Bachelorette_12.10

Der eigentliche Traummann der neuen Bachelorette-Staffel ist jedoch ein anderer: Sowohl bei Jessica als auch bei mir machte es Klick, als sich der angehende Schönheitschirurg Manuel (29) ihr vorstellte. Sympathisches Lächeln, in sich ruhend, selbstverständliche Autorität. Für die Bachelorette, die sich im letzten Jahr öffentlichkeitswirksam einer Po-Vergrößerung unterzog, ist so ein Chirurg sicher nicht der schlechteste Deal. Für ihn wäre ein bisschen Po-Pularität vermutlich auch ein Gewinn im Hinblick auf zukünftige Patienten. Und ich? Ich muss weiter träumen.

Naja, vielleicht säuselt mir dann der 34-jährige Domenico tolle Dinge auf Italienisch und Polnisch ins Ohr, so wie er es bei Jessica gemacht hat. Wer braucht schon einen Schönheitschirurgen, wenn man einen „Vollblutitaliener“ (Zitat RTL-Pressetext) mit einer Vorliebe für Polen haben kann? Und ja, zumindest dann darf er auch mal reden. Denn verstehen kann ich zumindest das dann nicht.  

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