Wenn man Schauspieler Wolfgang Bahro auf seine Rolle in «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» (GZSZ) anspricht, landet man schnell bei den ganz großen Fieslingen der Film- und Fernsehgeschichte.
Bei J.R. Ewing zum Beispiel, dem Ölmagnaten aus der US-Soap «Dallas». Oder auf der dunklen Seite der Macht, bei Darth Vader aus «Star Wars». «Charismatische Bösewichte sind wichtig», sagt Bahro. Er muss es wissen. Seit fast 25 Jahren spielt er nämlich so einen: Jo Gerner, «Deutschlands besten Anwalt» und intriganten Strippenzieher im GZSZ-Kosmos, der am 11. Mai ein Vierteljahrhundert alt wird. Und nicht nur der Gerner-Ewing-Vader-Vergleich deutet an: Da feiert eine Institution Geburtstag. Eine Ende ist jedenfalls nicht abzusehen.
Die erste GZSZ-Folge flimmerte am 11. Mai 1992 über die Bildschirme, übrigens fast zeitgleich mit dem Boulevardmagazin «Explosiv». War der Start zuerst ziemlich durchwachsen, entwickelte sich GZSZ nach und nach zum Quotengaranten für RTL. Die Soap prägte wie kaum eine andere Sendung das Gesicht des Privatsenders. Nicht nur begannen dort einige mehr oder minder erfolgreiche Gesangskarrieren – man denke an Oliver Petszokat (besser bekannt als «Oli P.», 38). Auch die Politik machte ihre Aufwartung. Gerhard Schröder – damals noch niedersächsischer Ministerpräsident – bestellte in einem Gastauftritt eine Rechnung.
Derartige Schnittmengen zu Musik und Politik sind aber im Grunde nur Nebenerscheinungen. Im Kern ist GZSZ immer geblieben, was es war. «Das Drama muss an erster Stelle stehen», sagt Produzentin Petra Kolle. Deswegen schalten die Leute nämlich immer wieder aufs Neue ein. «Die Spannung, die durch große Dramen entsteht, ist allerdings kein Geheimrezept, das wir erfunden haben», sagt sie. Das habe schon Aristoteles vor Tausenden von Jahren beschrieben.
Drama gab und gibt es bei GZSZ reichlich. Verwandte gingen verschollen und Autobomben hoch, Charaktere verliebten und trennten sich, wurden mehrfach entführt oder auch mal umgebracht. Auch in Absurditäten setzt GZSZ dabei Maßstäbe. Selbst Genie Gerner verfiel mal dem Rat eines Gurus und stürzte sich im Rollstuhl in den Wannsee – der Heiler hatte ihm eingeredet, er könne danach wieder laufen.
Die Jubiläumsfolge, die RTL am 17. Mai in Spielfilmlänge zeigt, haut dem Anlass angemessen auf den Putz. Sunny (Valentina Pahde) tritt mit Felix Lehmann (Thaddäus Meilinger) vor den Traualtar, wirkt dabei aber ganz und gar nicht glücklich. Das von RTL verbreitete Plakat zur Folge zeigt zugleich einen rennenden Chris Lehmann (Eric Stehfest) – mit Handschellen am Arm. Die beiden Lehmann-Brüder sind verfeindet, es riecht nach Eskalation. Sprich: nach großem Drama.
Das es GZSZ mal auf mehr als 6000 Folgen bringen würde, hatten vor allem Fernsehkritiker am Anfang kaum erwartet. Viele Models waren im Ensemble vertreten, deren Kernkompetenz nicht unbedingt die Schauspielerei war. Die Soap basierte auf der australischen Vorlage «The Restless Years». Zu Beginn waren auch australische Regisseure im Einsatz, die gar kein Deutsch sprachen. Nach und nach emanzipierte man sich und begann, auch die Geschichten aus einer «eher deutschen» Perspektive zu erzählen, wie es Petra Kolle nennt.
Wenn es um die Plots in GZSZ geht, verweist die Produzentin nicht nur auf Aristoteles, sondern auch auf «Romeo und Julia», «Ödipus» und «Kain und Abel» – die großen Geschichten der Menschheit. «Das kann man aber im Drogen-Milieu erzählen, man kann es im Häuserkampf-Milieu erzählen oder in der High Society. Man passt die Folie an, je nachdem, was gerade ein Thema ist in der Gesellschaft.»
Wolfgang Bahro bilanziert die ewige Achterbahnfahrt nach 25 Jahren etwas weniger theoretisch. Er sagt: «Jemand, der das erlebt hat, was Jo Gerner erlebt hat, hätte sich entweder schon die Kugel gegeben oder wäre in der Irrenanstalt gelandet». Aber bei GZSZ werde eben verziehen, aus Todfeinden würden schwuppdiwupp auch wieder Partner. Es gibt eben gute und es gibt schlechte Zeiten.