Die Show hat Jan Böhmermann am Freitagabend bei der Grimme-Preisverleihung in Marl anderen überlassen. Ganz ohne ging es dann aber doch nicht: «Ich bin aufgeregt. Ist ja nicht so, dass man jedes jahr einen Grimme-Preis bekommt.»
Lautes Lachen unter den 700 Gästen der Gala im Stadttheater: Vor einem Jahr hatte der TV-Satiriker sogar zwei der begehrten Auszeichnungen für Qualitätsfernsehen erhalten – und war der Verleihung in Marl ferngeblieben. Die Affäre um sein Schmähgedicht auf den türkischen Staatspräsidenten Erdogan war da gerade auf dem Höhepunkt. Auf den Tag genau vor einem Jahr, am 31. März, hatte Böhmermann das umstrittene Gedicht in seiner Sendung vorgetragen.
Diesmal also eine fast normale Ehrung. Der 36-Jährige und sein Team der Sendung «Neo Magazin Royale» (ZDF/ZDF Neo) wurden für ihre «engagierte Beobachtung und kluge Reflexion des laufenden Fernsehprogramms» ausgezeichnet. Moderator Jörg Thadeusz sprach in seiner Anmoderation von «fabelhaftem Fernsehen».
Artig bedankte Böhmermann sich bei seinen Leuten und für den Preis. Er finde es ganz toll, dass sie als «polarisierende Fernsehpunker» ausgezeichnet wurden. Ganz ungeschoren ließ Böhmermann am Jahrestag die türkische Regierung aber nicht: «Es gibt nichts Wichtigeres, als Deniz Yücel aus dem Knast zu hauen.» Dies solle Thadeusz seiner Frau mitgeben, die Sprecherin von Bundespräsident Steinmeier ist. Der deutsch-türkische «Welt»-Journalist Yücel sitzt derzeit in der Türkei unter anderem wegen angeblicher Volksverhetzung in Haft.
Insgesamt 15 Produktionen und Einzelleistungen erhielten in diesem Jahr – bei der 53. Verleihung – die undotierten Auszeichnungen – 14 davon gingen an öffentlich-rechtliche Produktionen. Nur der Komiker und Moderator Oliver Polak holte mit seinem Late-Night-Talk «Applaus und Raus» (ProSieben) einen Grimme-Preis für einen Privatsender. Bei der Gala war er gekleidet wie in seiner Show: Mit Turnschuhen und Trainingshose, dazu ein Nylon-Blouson, immerhin schwarz. «Das ist das Schickste, was ich zu Hause hatte», sagte er.
Bei der Gala zeigt ein kurzer Trailer die Arbeit jedes Preisträgers, bevor ausgewählte Akteure auf die Bühne gebeten werden. Obwohl sie sehr kurz sind, lösen die Einspieler oft Betroffenheit aus, bei fiktionalen wie dokumentarischen Arbeiten gleichermaßen. Etwa wenn es um die Rechtsterroristen des NSU geht, um das Thema Kindesmissbrauch oder in einer Dokumentation um einen geflüchteten Jungen aus Syrien, der ohne seine Eltern nach Deutschland kam und nun bei einer deutschen Familie lebt («stark! Ibrahim und Jeremia. Brüder auf Zeit» (ZDF)). Diese Produktion bekam den Marler Publikumspreis. Einen Grimme-Preis erhielt auch «Dead Man Working» (HR/ARD Degeto), eine filmische Auseinandersetzung mit der kühl-brutalen Arbeitswelt der Finanzbranche.
Im Kinder- und Jugend-Wettbewerb ging ein Preis an Vincent Hagn. Er ist erst acht Jahre alt und der jüngste Preisträger in der Geschichte des Grimme-Preises. Die Jury war beeindruckt, wie er in der «Der Mond und ich» (ZDF) spielte.
Für ihr Lebenswerk erhielt die Schauspielerin Senta Berger (75) den diesjährigen Grimme-Ehrenpreis des Deutschen Volkshochschul-Verbandes. Die Präsidentin des DVV, die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), würdigte Berger als Charakterdarstellerin.