Kryptowährung im Alltagstest: Was kann man als Normalo eigentlich mit Bitcoins machen?

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Und plötzlich reden alle über Bitcoin: Die Kryptowährung machte vor wenigen Wochen Schlagzeilen, als der Kurs immer weiter kletterte – und dann abstürzte. Meine Güte, haben da viele gedacht, das ist doch sowieso nur so ein virtuelles Ding. Was hinter Bitcoin steckt, wissen die wenigsten. Bisher schienen sich dafür ohnehin nur besonders internetaffine User interessiert zu haben. Doch immer mehr Menschen fragen sich mittlerweile: Lohnt sich eine Investition in die digitale Währung?

Berit Olawore hat es gemacht – und über 50.000 Euro Gewinn gemacht. Davon hat sie sich ein neues Auto und eine tolle Reise gegönnt. „Für einen solchen Betrag habe ich sonst über ein Jahr arbeiten müssen. Das ist schon schön!“, sagt sie.

Bitcoins zu einem echten Geldgewinn machen, geht das überhaupt? Die Währung Bitcoin gibt es tatsächlich nur virtuell, es existieren weder Münzen noch Scheine. Grob gesagt werden Bitcoins auf weltweit unzähligen Computern erzeugt, die miteinander kommunizieren und ihre Rechenleistung zur Verfügung stellen, um komplizierte Rechenaufgaben zu lösen, die für Bitcoin „Überweisungen“ notwendig sind. Dadurch werden neue Bitcoins erzeugt. Dieser Vorgang nennt sich „Schürfen“.

Die Idee stammt aus dem Jahr 2008 zur Zeit der Finanzkrise. Bei Bitcoin gibt es nämlich keine Zentralbank. Und auch die Anzahl aller  je verfügbaren Bitcoins wurde begrenzt: Es soll nie mehr als 21 Millionen Bitcoins geben.

Hohe Transfergebühren machen Bitcoin als alltägliches Zahlungsmittel unattraktiv

Laut IT-Experte Tobias Schrödel war auch der Zugang zu dieser Währung zunächst auf einen eigenen Personenkreis beschränkt, insbesondere unter Menschen, die sich mit den uns „Normalos“ unbekannten Seiten des Internet auskennen. „Bitcoins sind erstmal im sogenannten Darknet groß geworden, wo es darum ging, Dinge zu kaufen, die nicht ganz legal sind. Etwa Drogen und teilweise auch Waffen. Das hat sich angeboten, weil jede Bezahlung eben hochgradig anonym ist.“

Zehn Jahre später interessieren sich längst nicht nur Kriminelle für Bitcoins. Der einfachste Weg ist Bitcoins auf sogenannten Handelsbörsen im Internet ganz einfach gegen echtes Geld wie Dollar oder Euro zu kaufen. Aber was kann unsereins als Verbraucher damit eigentlich anfangen? Diese Frage hat sich auch Tobias Schrödel gestellt: „Ich habe mir auf einer Handelsplattform einen Account angelegt und mit meinem Bankkonto verknüpft – und dann Bitcoins gekauft.“  Der Wert von Bitcoin unterliegt starken Schwankungen und hängt davon ab, wie viele Menschen Bitcoins kaufen und verkaufen wollen.  Als Tobias Schrödel Bitcoin kaufen wollte, lag der Wert bei rund 6400 Euro. Deshalb kaufte er nur einen Teil eines Bitcoin. Auch das geht. Für 0,02 Bitcoin bezahlte er  128 Euro. Seine Anteile wurden in seinem sogenannten Wallet, einem virtuellen Portemonnaie, passwortgeschützt gespeichert. „Das Wallet kann ich dann als App auf meinem Handy haben, oder auf einem PC“, erklärt Schrödel. In einigen Online-Shops könnte Tobias Schrödel mit Bitcoins aus seinem Wallet bezahlen. Doch taugt Bitcoin auch als alltägliches Zahlungsmittel? Tatsächlich gibt es einige Händler, Cafés und Geschäfte, die mit Bitcoin-Bezahlung werben. Einen Kaffee für 3,20 Euro hat Tobias Schrödel bezahlt, indem er einen QR-Code gescannt hat. Der Betrag wurde dann aus seinem Wallet abgezogen. Allerdings zuzüglich einer saftigen Transaktionsgebühr von 1,36 Euro. Der Cappuccino kostet damit fast fünf Euro!

Investition in Bitcoin – reine Spekulation

Als alltägliches Zahlungsmittel ist der Bitcoin eher ungeeignet – und wird trotzdem immer beliebter. “ Viele Leute sehen das als Anlagewert. Möglichst billig kaufen, möglichst teuer verkaufen. Das ist momentan der Hype und deswegen steigen so viele auf Bitcoins ein“, so der IT-Experte. Berit Olawore etwa, die genau zum richtigen Zeitpunkt zuschlug. Die Verwaltungsfachangestellte hatte vor anderthalb Jahren begonnen, sich über Bitcoin zu informieren und investierte dann. „Ich habe Videos und Seiten angeguckt und dann erst klein angefangen“, erzählt die Krefelderin. Berit Olawore kaufte schließlich bis Mai letzten Jahres insgesamt sieben Bitcoins für rund 10.000 Euro – und wartete ab. Als der Wert von Bitcoin Monate später stieg wurden ihre Anteile immer wertvoller. „Als der Kurs bei 13.000 / 14.000 Euro lag, habe ich angefangen zu verkaufen. Ich dachte: Du solltest jetzt besser die Gewinne mitnehmen, egal wie sich der Wert weiterentwickelt.“ Berit Olawore hat somit mehr als 50.000 Euro Gewinn erzielt. Die 49-Jährige hatte verdammt Glück, denn wenige Tage später stürzte der Kurs ab. Binnen sieben Wochen verlor Bitcoin rund 70 Prozent an Wert und löste eine regelrechte Panik in der Bitcoin-Welt aus. Es ist also eine reine Spekulation. „Wenn es blöd läuft, hat Bitcoin morgen schon überhaupt keinen Wert mehr“, sagt auch Tobias Schrödel. „Für Anleger ist sogar ein Totalverlust möglich.“

Antworten auf die wichtigsten Fragen

Die Geldanlage-Expertin Sarah Zinnecker von Finanztip kennt die aktuellen Entwicklungen der virtuellen Währung und wie damit derzeit gehandelt wird. Für Interessierte erklärt sie hier die wichtigsten Fakten:

Was kostet ein Bitcoin?

Die Anzahl der verfügbaren Bitcoins ist festgelegt. Es soll nicht mehr als 21 Millionen geben. Der Wert hängt stark davon ab, wie viele Menschen Bitcoin gerade haben wollen, und wie viele der verfügbaren Bitcoins zum Verkauf angeboten werden. Heute kostet ein Bitcoin circa 8.600 Euro (Stand: 07.03.2018, Anm. d. Red.) Man kann aber auch Bruchteile eines Bitcoin erwerben und weitergeben. Dadurch ist es möglich, auch kleine Beträge zu investieren.

Wo und wie kann man Bitcoins erwerben?

stern TV hat für den Test den Bitcoins über die Plattform bitcoin.de gekauft, genau genommen 0,02 Bitcoin. Dort kaufen die meisten Interessenten ihre ersten Bitcoin der digitalen Währung.

Es gibt aber auch eigene Börsenplattformen. Als die Nachfrage nach diesen virtuellen Münzen immer größer wurde, haben immer mehr Betreiber eigene Plattformen programmiert – also eigene, neue Handelsplätze, auf denen sich Anbieter und Interessent treffen, sich auf einen Preis einigen und dann der Austausch direkt stattfindet.

Was raten Sie Leuten, die darüber nachdenken, Geld in Bitcoin zu investieren?

Wenn jemand wirklich in Bitcoin investieren möchte, dann sollte er das nur mit Geld tun, auf das er verzichten kann. Einen kleinen Teil zu investieren ist per se nicht falsch. Es sollte aber nur dazu dienen, diesen ganzen „Zirkus“ zu verstehen, also dabei zu sein und sich mit der Technologie auseinanderzusetzen.

Inwiefern taugt Bitcoin als Zahlungsmittel?

Vereinzelte Läden bieten die Bitcoin-Zahlung an. Vor allem in den größeren Städten ist das möglich. Aber ich gehe davon aus, dass das eine Art Gag ist. Jeder Unternehmer, der Bitcoin in seinem Laden als Zahlungsmittel anbietet, der geht natürlich ein Risiko ein. An einem Tag akzeptiert er „drei Euro“ in Form von Bitcoin und muss dann hoffen, dass er, wenn er die Bitcoins wieder eintauschen will, die drei Euro wieder herausbekommt.

Man kann gewiss verstehen, dass der ein oder andere Händler das jetzt macht, weil er irgendwie interessant sein will. Aber wir können nicht davon ausgehen, dass diese Zahlungsform sich zügig etabliert und man demnächst auch online alles Mögliche in Bitcoins bezahlen kann, womöglich bald auch seine Miete oder Steuern in Bitcoins bezahlen kann. Soweit sind wir noch lange nicht. Und die Frage ist, ob wir jemals dahinkommen. Wenn das Finanzamt anfängt, die Bitcoins zu akzeptieren, dann würde ich sagen, dass es ein anerkanntes Zahlungsmittel ist. Vorher eher nicht.

Kann ich damit trotzdem reich werden?

Ja, Sie können damit reich werden. Sie können aber auch alles verlieren. Es ist einfach eine Lotterie und reine Spekulation. Dem Durchschnittsverdiener, der 2000-3000 Euro brutto im Monat verdient, dem würde raten, nicht mehr als 100 Euro in Bitcoins zu stecken. Ich selbst habe vor einigen Wochen auch 100 Euro investiert.
Inwiefern taugt Bitcoin denn als Geldanlage?

Es gibt drei Gründe, warum Bitcoin nicht als Geldanlage taugt: Erstens ist Bitcoin noch kein vollwertiges Zahlungsmittel. Zweitens sind Bitcoins nicht abgesichert. Wenn Sie damit also Pleite gehen, steht niemand dahinter, der den Ausfall auffängt oder zurückzahlt. Kein Staat, keine Zentralbank. Niemand garantiert, dass das Guthaben werterhaltend bleibt. Und Drittens: Sie haben keinen materiellen Gegenwert. Wenn man eine Aktie kauft, hat man ja eine Beteiligung an einem Unternehmen erworben und an den Vermögenswerten, die in einem Unternehmen stecken. Kauft man beispielsweise Gold, kann man davon ausgehen, dass man im Falle einer Krise von diesem Gold noch irgendetwas bekommt. Das ist zwar auch nur ein Rohstoff, aber Gold hat seit Jahrtausenden eine Tradition. Es wird auch als Zahlungsmittel anerkannt. Bitcoin hat diese lange Geschichte nicht. 

Wie bewerten Sie den Hype um Bitcoin?

Die letzten Monate wurde Bitcoin natürlich gehypt. Dadurch sind viele Privatanleger

Eingestiegen – mit dem reinen Interesse des schnellen Gewinns. Das ist verständlich. Aber man muss natürlich ganz klar sagen: Passen Sie auf, denn langfristig ist nicht gesagt, dass sich diese Währung stabil entwickelt.

Warum sind die Kursschwankungen so stark? Was war der Auslöser für den Absturz in den letzten Wochen?

Lange Zeit war der Bitcoin-Kurs relativ niedrig. Etwa 100 Dollar am Anfang. Dann ging er hoch auf 500 und dann blieb er eine Weile so. Man davon ausgehen, dass da viele investiert haben, die die Technik „Blockchain“ faszinierend finden. Diese Blockchain ist ja nicht manipulationsanfällig, ein Zahlungssystem ohne Zentralbank. Die Leute, die investiert haben, waren „Überzeugungstäter“. Irgendwann kam man darauf, dass das mit dieser Blockchain eine coole Sache ist, wo viele auf einmal mitmachen wollten und auch daran verdienen wollten. Und dann haben immer mehr Leute Spekulationsobjekte gekauft. Fans der Technologie, aber keine Revolutionäre mehr. Die wollten damit einfach nur schnelles Geld verdienen. Das hatte natürlich erheblichen Einfluss auf den Kurs. Denn dieser ergibt sich ja aus aktueller Nachfrage und dem Angebot. Das Angebot steigt aber sehr langsam, also langsamer als die Nachfrage. Und das führt dann dazu, dass der Kurs so in die Höhe schießt.

Im Januar 2018, als der Kurs abstürzte, kann der Auslöser gewesen sein, dass ein Investor viele Anteile verkauft hat. Andere Spekulanten haben dann gemerkt, dass einer richtig Geld abzieht und haben schnell nachgezogen. Irgendwann kriegt das auch der kleine Anleger mit, dass die Kurse fallen. Und die denken dann ‚Oh, Hilfe, die Kurse fallen. Die fallen bestimmt noch weiter, deswegen verkaufe ich jetzt schnell, damit ich noch ein bisschen was kriege.‘ Und ist das mit den fallenden Kursen wie eine selbsterfüllende Prophezeiung. Da braucht es dann keinen Grund mehr, das ist eher Panik.

Dass der Bitcoin auf Null fällt, denke ich trotzdem nicht. Denn es wird immer diese „Überzeugungstäter“ geben, die die Unabhängigkeit von Staat und Zentralbank bei dieser Währung gut finden.

Haben Bitcoins und Co. denn eine Zukunft?

Ich persönlich bin von dem Zentralbanksystem überzeugt. Ich denke, es braucht eine Kontrollinstanz und nicht nur die Netzgemeinde, die als Kontrolle dient. Wie wollen die jemals garantieren, dass mein in Bitcoin umgewandeltes Geld diesen Wert auch wirklich behält? Das wäre dann ja genau das, was das Bitcoin-System eben nicht will. Es ist also Fluch und Segen zugleich.

Ist Bitcoin vor Inflation gefeit?

Nicht direkt, denn Wertschwankungen gibt es ja trotzdem. Man hat zwar eine feste Geldmenge, aber trotzdem eine variable Nachfrage. Die Währung ist zwar Angebot-fixiert, aber die Nachfrage schwankt. Wenn Sie nur 10 Äpfel haben und es wollen 20 Leute Äpfel, dann ist ein Apfel entsprechend teurer. Inflation ist nichts anderes als Entwertung des Geldes, Verringerung des Wertes einer Einheit einer Währung.

Wie wird sich sich der Kurs in den nächsten Monaten entwickeln?

Da kann ich keine Vorhersage treffen. Es kann alles passieren. An der Börse sagt man: Man sollte aus der Vergangenheit nicht in die Zukunft lesen. 

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