Aus dem Abseits zur WM: Das ist die deutsche Tor-Maschine

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Um ein Haar hätte Friederike Gubernatis den vermutlich wichtigsten Anruf in ihrer Handball-Karriere verpasst.

„Ich kam freitags von der Arbeit nach Hause und sah eine unbekannte Nummer. Normalerweise sag ich mir: Geh nicht dran, ich will meine Ruhe haben“, verriet Gubernatis bei SPORT1.

Diesmal entschied sich die 1,77m große Blondine aber zum Glück doch dafür, ans Telefon zu gehen. Am anderen Ende der Leitung war Bundestrainer Michael Biegler, der nach der schweren Verletzung von Anne Hubinger (Mittelfußbruch) einen Ersatz für die Heim-WM suchte.

Gubernatis ist die Entdeckung der WM

Das war Anfang Oktober. Zwei Monate später ist Gubernatis die große WM-Entdeckung und hat gewichtigen Anteil daran, dass die DHB-Auswahl mit zwei Siegen gestartet ist (3. Spiel gegen Serbien: Di., ab 17.45 Uhr LIVE im TV auf SPORT1).

In ihren 15 Länderspielen vor der WM hatte sie nicht einmal ein Tor im Schnitt erzielt. Nun sind es bereits elf Treffer in nur zwei WM-Spielen. (DATENCENTER: Ergebnisse/Spielplan der WM)

Ihre Mitspielerinnen wie Kapitänin Anna Loerper ziehen den Hut vor der gelernten Sportwissenschaftlerin: „Ich bewundere Fredda. Mit welcher Coolness und Abgezocktheit und auch welcher Selbstverständlichkeit sie auftritt und ihre Dinger macht – Wahnsinn.“

Zweimal zur Spielerin des Spiels gewählt

Beim 23:18-Sieg gegen Südkorea war Gubernatis nicht nur wegen ihrer sieben Treffer die herausragende Feldspielerin. Als Belohnung wurde sie nach dem Spiel bereits zum zweiten Mal als Spielerin des Spiels ausgezeichnet.

„Dass es so gut für mich läuft, kann ich noch gar nicht wirklich richtig realisieren. Ich habe versucht, mein Bestes zu geben und der Mannschaft zu helfen“, sagte die 29-Jährige nach der Partie.

Letztes Länderspiel vor acht Jahren 

Der kometenhafte Aufstieg von Gubernatis ist wie ein modernes Handball-Märchen. 

Neben ihrer Karriere als Handballerin arbeitet sie auch noch an einem zweiten beruflichen Standbein und ist als Sportkoordinatorin für ihren Klub, den Buxtehuder SV tätig.

An die Nationalmannschaft hat sie laut eigener Aussage in den letzten Jahren nie mehr gedacht. Ihr letztes Länderspiel war schließlich 2009. 

„Selbst Mitte des Jahres hätte ich gesagt: Der Kader steht und ich werde mir die WM vor dem Fernseher anschauen. Seit zwei Monaten ist es ein Traum, den ich leben darf“, sagte Gubernatis.

In Buxtehude kennt man ihre Qualitäten

Beim Buxtehuder SV kennt man ihre Qualitäten schon länger. In der Bundesliga zählt die Linkshänderin zu den erfahrensten Spielerinnen und übernimmt oftmals Verantwortung.

Das ist auch Bundestrainer Biegler nicht verborgen geblieben. Deshalb überrascht ihn die momentane Leistung von Gubernatis nicht sonderlich.

„Ich wusste, dass Friederike uns mit Deckungsqualität und ihrem Zug zum Tor helfen kann. Das zeigt sie jetzt. Es freut mich für sie, dass sie so schnell Fuß gefasst hat“, sagte Biegler bei SPORT1.

Ex-Coach gibt ihr Spitznamen „Kampfschwein“

Gubernatis bringt aber noch eine weitere wichtige Eigenschaft mit: extrem großer Kampfgeist. Nicht umsonst bekam sie zu Frankfurter Zeiten von ihrem damaligen Trainer Dietmar Schmidt den Spitznamen „Kampfschwein“.

Angesprochen darauf, antwortet sie lachend: „Das zeichnet mich aus, glaube ich. Ich gehe in der Abwehr und im Angriff immer dahin, wo es weh tut. Das passt ein bisschen zu mir.“

Im dritten Gruppenspiel gegen Serbien will das „Kampfschwein“ erneut vorangehen und dafür sorgen, dass Deutschland mit dem dritten Sieg den Einzug in die K.o.-Phase perfekt macht – und wer weiß: Vielleicht endet Gubernatis‘ märchenhafte Geschichte sogar mit einer Medaille.

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