Jugendliche Retterin: So brachte die 18-jährige Marie einen pädophilen Triebtäter hinter Gitter

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Einen dramatischeren Anfang einer Freundschaft kann man sich kaum vorstellen: Als die 14-jährige Chantal auf dem Weg zum Fußballtraining war, fiel ein Unbekannter über das Mädchen her. „Er hat mich nach unten gedrückt und mit seiner Hand versucht, mir in die Hose zu fassen“, erzählt die Schülerin.

Es war der elfte Mai 2016. Als Chantal aus der Straßenbahn stieg und Richtung Stadion ging, bemerkte sie bereits, dass sie von einem Mann verfolgt wurde. „Ich bin über eine rote Ampel gegangen, um zu gucken, ob er mir folgt. Und dann bin ich etwas schneller gegangen“, berichtet das Mädchen. Der Mann fiel über Chantal her und wurde zudringlich. Er habe sie am Rucksack gepackt und nach unten gezogen. Sie habe sich gewehrt, ihm ins Gesicht geschlagen. Doch der Mann ließ sich nicht abbringen.

Dass dann nichts Schlimmeres passierte, verdankt Chantal nur dem beherzten Eingreifen von Marie. Die 18-Jährige hatte schon in der Straßenbahn gesehen, wie ein Mann Chantal seltsam angeschaut hatte. Dann sah sie, wie dieser Mann versuchte, sich an der 14-Jährigen zu vergehen. Marie rannte sofort los, um Chantal zur Hilfe zu kommen – und rief gleichzeitig mit ihrem Handy die Polizei. „Ich habe von weitem gerufen: ‚Was machen Sie da? Lassen Sie das!‘ Und dann hat er mich angeguckt, ist aufgestanden und ist an mir vorbei gelaufen, als wäre nichts gewesen. Als wäre nichts gewesen, als hätte er nichts gemacht!“, erzählt Marie. Sie holte einen Taxifahrer zu Hilfe, mit dem sie gemeinsam die Verfolgung des Mannes aufnahm – bis er von der Polizei gestellt und festgenommen werden konnte. Chantal saß bei Maries Rückkehr zum Tatort bereits im Krankenwagen, den die 18-Jährige auch noch nebenbei verständigt hatte. Marie war zu ihrer Retterin geworden.

Täter als pädophiler Triebtäter polizeibekannt

Der Täter war der 29-jährige Pierre M. aus Schönebeck, der der Polizei bereits als pädophiler Triebtäter bekannt war. Er war bereits als Jugendlicher wegen sexueller  Nötigung von zwei Jungen verurteilt worden. Auf Chantal hatte er es offenbar abgesehen, weil er sie wegen ihrer kurzen Haare und ihrer knabenhaften Figur für einen Jungen hielt.

Chantals Schulweg führt sie jeden Tag an der Stelle des Überfalls vorbei. Doch die inzwischen 15-Jährige ist tough und will ihr Leben weiterführen, wie bisher. Chantal und Marie hat das Erlebte zusammengeschweißt. Sie wurden Freundinnen. „Sie bedeutet mir sehr viel, wie eine große Schwester“, sagt Chantal jetzt. Ohne Maries Einschreiten wäre Chantal wahrscheinlich vergewaltigt worden.

Hohes Strafmaß aufgrund mehrerer Vorstrafen

Am Landgericht Magdeburg ist inzwischen das Urteil gegen Pierre M. gefallen. Das mit fast acht Jahren vergleichsweise hohe Strafmaß begründete das Gericht damit, dass der Täter einschlägig vorbestraft war, wie Chantals Anwältin erklärt: „Er hat schon als Jugendlicher zwei Kinder missbraucht. Er ist deshalb auch nach dem Jugendstrafrecht bestraft worden. Danach hat er im Chat einen Missbrauch begangen, ist deshalb auch verurteilt worden. Und dann hat er noch drei weitere Kinder einschließlich meiner Mandantin missbraucht.“ Die Mutter der 15-Jährigen ärgert vor allem, dass der Mann trotz seiner Vorgeschichte auf freiem Fuß war. Nun soll geprüft werden, ob er nach Absitzen der Strafe in anschließende Sicherungsverwahrung kommt. Die Chancen, dass Pierre M. für lange Zeit nicht mehr rauskommt, stehen hoch.  

Chantal hat den Überfall ein gutes Jahr danach einigermaßen verkraftet. Sie spielt weiter Fußball – mittlerweile sogar in der ersten Bundesliga der B-Juniorinnen. „Wenn ich den Fußball nicht hätte, wäre ich wahrscheinlich durchgedreht“, sagt sie. Eins darf in ihrer Trainingstasche allerdings nie wieder fehlen, erzählt sie „Meine Mama hat mir gesagt, ich soll immer das Pfefferspray mitnehmen, weil sowas nicht nochmal passieren soll.“

Mit Normalität, ihrer neuen „große Schwester“ Marie und dem Fußball schaut Chantal zuversichtlich in die Zukunft. Der Hilfe der 18-jährigen Marie hat sie das sicherlich zum großen Teil zu verdanken. Dafür ist sie sehr dankbar.

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