Schweres Busunglück auf A9 bei Münchberg: „Kein Autofahrer hat uns geholfen“: Wie ein Ersthelfer die Situation erlebte

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Sie waren unterwegs in den Urlaub. Das Ziel: Der Gardasee in Italien. Doch ihre Reise endete bereits mit einem schrecklichen Unglück in Nord-Bayern. Der Reisebus mit der Seniorengruppe aus Sachsen prallte am Montagmorgen auf der Autobahn 9 bei Münchberg auf einen Sattelzug und ging unmittelbar in Flammen auf. 18 Menschen starben in den Flammen. 30 Personen wurden zum Teil schwer verletzt.

„Ein Gaffer hat in den Rettungswagen gefilmt“

Der Unfall sorgt noch immer für Entsetzen. Vor allem bei den Hilfskräften, die kaum noch etwas ausrichten konnten, als sie am Unfallort eintrafen. Jörg-Steffen Höger war einer der ersten Helfer am Unglücksort – noch vor den Rettungskräften. Höger und seine 17-jährige Tochter Annika fuhren zufällig vorbei und machten sofort Halt. Die Schicksale der Toten gehen dem Mann einfach nicht aus dem Kopf: „18 Personen, die hier ihr Leben verloren haben. 18 Personen, um die viele Angehörige trauern – 18 Personen, denen nicht mehr geholfen werden konnte“, sagt Jörg-Steffen Höger bestürzt.
Er habe seine Tochter aus Neila nach Bayreuth in die Schule bringen wollen, als sie vom Weiten eine Rauchsäule aufsteigen sahen. Als sie am Unfallort eintrafen, sei lediglich ein Polizeiwagen dort gewesen. Der Bus stand zu dem Zeitpunkt komplett in Flammen. „Wir sind dann ausgestiegen und haben die Notfalltasche aus dem Auto mitgenommen und haben dann die ersten Verletzten steril abgedeckt und haben Verbände gemacht“, erzählt die 17-jährige Annika, die ausgebildete Sanitäterin ist. „Das hätte auch jeder andere mit einem Erste-Hilfe-Kasten machen können.“ 

Höger und seine Tochter sprachen die Verletzten, die zum Teil hilflos und verwirrt über die Autobahn liefen, nacheinander an. „Danach ging es darum, eine Sammelstelle zu bilden. Ich habe versucht, die Personen zentral zusammen zu bekommen und klar zu bekommen: Um wie viele Personen handelt es sich überhaupt?“, erzählt Jörg-Steffen Höger. „Es geht in einer solchen Situation oft nur darum, zu trösten oder die Opfer von der Unfallstelle wegzubringen“, so der ehrenamtliche Feuerwehrmann.

Doch dazu habe sich offensichtlich niemand anderes veranlasst gefühlt. Warum waren sie in diesem Moment die einzigen, die halfen? Warum sind so viele Autofahrer nicht ausgestiegen? Darüber ist Jörg-Steffen Höger besonders fassungslos. „Ein Gaffer hat in den offenen Krankenwagen gefilmt. Ich bin dann hingegangen mit einem Polizisten. Der Polizeibeamte hat das Handy konfisziert. Ich hätte dem am liebsten einen Verbandskasten in die Hand gedrückt und gesagt: So, jetzt mach du mal!“, sagt er.

Hinweis auf Behelfsausfahrt brachte Hilfskräfte an den Unfallort

Immer wieder fallen solche Autofahrer bei Unfällen auf, die gaffen oder mit dem Handy die Unfallstelle filmen – sogar bei einem derart verheerenden Unglück. Ein weiteres Ärgernis: Die fehlende Rettungsgasse. In Zukunft soll dieses Verhalten härter bestraft werden, wie der Bundesverkehrsminister unmittelbar danach ankündigte: „Immer wieder werden Polizei und Rettungskräfte bei ihren Einsätzen behindert. Das ist unverantwortlich und kann Menschenleben gefährden“, so Alexander Dobrindt in einem Interview mit der Bild-Zeitung. „Wir werden deshalb die geplante Erhöhung der Bußgelder noch einmal deutlich verschärfen. Wer vorsätzlich die Rettungsgasse blockiert und dadurch Rettungskräfte am Einsatz hindert, kann sogar mit bis zu einem Jahr Haft bestraft werden.“

Bei dem Busunglück am Montag, durch das 18 Menschen starben, hatte Jörg-Steffen Höger den Rettungskräften bei seinem Notruf den Hinweis gegeben, dass es nur wenige Hundert Meter vor der Unfallstelle eine Behelfsausfahrt gebe. Diese nutzten die Einsatzkräfte dann tatsächlich, um schneller dorthin zu gelangen, wo sie dringend gebraucht wurden. Drei Menschen schweben bis heute in Lebensgefahr.

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