Drittes Album: «Mermaid Blues»: Laptop-Soul von Y’akoto

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Y’akoto tanzt wie eine Diva. Spielerisch verschränkt die Soulsängerin die Arme vor der Brust, dann streift sie ihren Mantel ab, geht in die Knie. Selbstsicher blickt sie von der Bühne herab, als wolle sie prüfen, ob das Berliner Publikum ihres neuen Albums «Mermaid Blues» auch würdig ist.

Erst dann zeigt sie allen ihr herzliches Lachen. Die 30-Jährige weiß, was sie kann. Sie hat Tanzpädagogik studiert – und im deutschen Soul ist sie längst eine Größe. Selbst mit Nina Simone wurde sie schon verglichen.

«Meerjungfrauen-Blues» heißt der Albumtitel wörtlich übersetzt, es ist Y’akotos drittes Werk. Die Botschaft: Wasser ist Lebenskraft. Es lasse sich nicht aufhalten und bahne sich seinen eigenen Weg. So wie sie sich als Tochter eines ghanaischen Musikers und einer deutschen Politologin ihren Weg ins Musikgeschäft gebahnt hat. Aufgewachsen ist die gebürtige Hamburgerin Jennifer Y’akoto Kieck, unter anderem, in einer Hafenstadt in Ghana. Heute pendelt sie nach eigenen Angaben zwischen Hamburg, Paris, Stockholm, Los Angeles und den afrikanischen Küstenmetropolen Dakar, Accra und Lomé. Weltläufig, auf Achse. Aber auch immer am Wasser.

Ihre Show lässt sich als elektronischer Soul beschreiben, auf der Bühne steht neben Keyboard, E-Gitarre und elektronischem Schlagzeug ein Laptop. Das ist das Setting, über das Y’akoto bei der Albumpräsentation ihre großartige Stimme gleiten lässt. Da verwundert es nicht, dass sie ihre Ballade «Fool Me Once» über eine vergangene Liebe, in der sie nur noch von einem Klavier begleitet wird, anfangs als «zu nah» empfand. Mittlerweile aber finde sie den emotionalen Song «echt» – zurecht.

Dem einen oder anderen Kinogänger dürfte «Fool Me Once» auch schon ein Begriff sein – der Song gehörte zum Soundtrack von «Willkommen bei den Hartmanns» mit Elyas M’Barek und Uwe Ochsenknecht. In «Drink My Friend» drängen sich Vergleiche mit Amy Winehouse auf. Einige andere Lieder der neuen Platte sind deutlich schneller: das tanzbare «All I want (Comme ci, comme ça)» zum Beispiel, für das Y’akoto die Beschreibung «very Paris» findet, und «Maggie», eine Hommage an eine schwarze Künstlerin.

Große Erfolge in den Single-Charts konnte Y’akoto bisher nicht feiern. Mit ihrem Debütalbum «Babyblues» kam sie 2012 aber auf Platz 20, und der Nachfolger «Moody Blues», der auch komplexe Themen wie Bootsflüchtlinge und vaterlose Familien aufgriff, schaffte es sogar auf Platz 11. Beide Alben brachten ihr Echo-Nominierungen ein. Und auch die Liste der Genregrößen, mit denen Y’akoto schon auf der Bühne stand, ist lang: Erykah Badu, Nneka, Aṣa, Joy Denalane. 

Das neue Album sei nun allerdings nicht entstanden, weil sie ihrem Herzen gefolgt sei, schrieb Y’akoto auf Twitter. Es sei entstanden, «weil ich oft Nein gesagt habe und mich nicht um Ablehnung gekümmert habe». Ihre Erkenntnis: «Ehrlicher künstlerischer Ausdruck in jeder Form ist nun mal schwierig, herausfordernd und aufreibend. Das ist Soul.»

Das Bild der Meerjungfrau im Titel mag an schöne Nixen denken lassen. Doch wer Y’akoto auf ihr Äußeres oder ihre teils divenhafte Show reduziert, der verkennt die Tiefe ihrer Musik. Oder wie die 30-Jährige es sagt: «Unsere Bedürfnisbefriedigungs-Gesellschaft verlangt von Frauen immer noch, dass sie süß, dauergrinsend und am besten noch das ‚girl next door‘ sind. Das mag für viele funktionieren. Für mich aber ist das nichts.»

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