Arbeitslosenzahlen: Warum sich Gewerkschaften und Arbeitgeber nicht verstehen

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ZÜRICH – Sind die über 55-Jährigen die Verlierer auf dem Arbeitsmarkt? Die Ansichten von Gewerkschaften und Arbeitgebern gehen weit auseinander. Auf ihre Weise haben beide recht. Aber eine Seite schaut genauer hin.

Beide reden von denselben Zahlen, kommen aber zu anderen Schlüssen. Für die Gewerkschaften ist die Situation der über 55-Jährigen auf dem Arbeitsmarkt alarmierend. Die Arbeitgeber hingegen entwarnen: «Die Arbeitslosigkeit der Ü55 hat innerhalb der letzten zwei Jahren marginal und nicht stärker zugenommen als in anderen Altersgruppen», sagt Fredy Greuter, Sprecher des Arbeitgeberverbands (gestern im BLICK). Anders Daniel Lampart, Chefökonom des Gewerkschaftsbundes: «Bei den Ü55 steigt die Arbeitslosigkeit weiter an.»

Die Menge machts

Wer hat recht? Auf ihre Weise beide. Wo Greuter richtig liegt: Die Arbeitslosigkeit ist bei den Jüngeren höher als bei den Älteren. Und: Weil immer mehr Ältere auf dem Arbeitsmarkt sind, steigt auch ihr Anteil. Das ist ein demografischer Effekt und hat nichts mit einer Benachteiligung der Ü55 zu tun.

 

Beides bestreitet Lampart nicht. Er legt aber den Finger auf einen Punkt, den die Arbeitgeber so nicht sehen wollen. Bildlich gesprochen: Sie schauen mit dem Fernrohr auf den Arbeitsmarkt. In dieser Perspektive scheint alles mehr oder weniger glatt zu sein. Lampart holt dagegen das Mikroskop hervor. Und entdeckt: Bei den Ü55 steigt die Arbeitslosigkeit weiter an – trotz Entspannung der Gesamtsituation (siehe Grafik).

Die Statistik des Staatssekretariats für Wirtschaft belegt das. Die Zahl der Ü50 und Ü55 ohne Job hat seit 2015 rund doppelt so schnell zugenommen wie über alle Altersklassen hinweg. Klar, ein Teil davon geht auf einen demografischen Effekt zurück. Doch auch wenn man den abzieht, zeigt sich: Die Arbeitslosenquote steigt bei den Älteren ebenfalls stärker. 

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